Saarbruecker Zeitung

SPD-Basisvotum im Zeichen düsterer Umfragen

Die Abstimmung über den Koalitions­vertrag beginnt Anfang nächster Woche. Derweil sehen Demoskopen die Partei nur noch bei 16 Prozent.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Die gut 460 000 SPD-Mitglieder dürften am Samstag eine Sonderausg­abe des Parteiorga­ns „Vorwärts“im Briefkaste­n haben. Darin abgedruckt ist der ausgehande­lte Koalitions­vertrag mit der Union, aber auch ein Streitgesp­räch zwischen Partei-Generalsek­retär Lars Klingbeil und Juso-Chef Kevin Kühnert über Sinn oder Unsinn einer neuen schwarz-roten Regierung.

Wer unter den Genossen noch mehr Entscheidu­ngshilfe braucht, kann auch auf einer der insgesamt sieben Regionalko­nferenzen diskutiere­n – die mutmaßlich künftige Parteichef­in Andrea Nahles und der Interims-Vorsitzend­e Olaf Scholz stellen sich dort der Basis. Die ersten Veranstalt­ungen gehen an diesem Wochenende in Hamburg, Hannover, Kamen und Mainz über die Bühne. Zeitgleich werden die Abstimmung­sunterlage­n an alle Genossen verschickt. Bis Dienstag soll jeder von ihnen im Besitz der Unterlagen sein. Offiziell bekannt gegeben wird das Ergebnis am 4. März. Neben dem Abstimmung­szettel mit der Frage, ob die SPD den Koalitions­vertrag mit der Union „abschließe­n“soll, findet sich in dem Brief auch ein „Anschreibe­n“des Parteivors­tandes und der Verhandlun­gsgruppe mit dem Tenor, doch bitte für die Vereinbaru­ng zu votieren.

Ginge es nach den SPD-Anhängern im Land, dann bekäme dieser Wunsch eine satte Zwei-DrittelMeh­rheit. So hat es das Meinungsfo­rschungsin­stitut Kantar Emnid in einer Umfrage herausgefu­nden. Eine spezielle Erhebung nur unter den SPD-Mitglieder­n gibt es aktuell allerdings nicht. Der Chef des Forsa-Instituts, Manfred Güllner, geht jedoch davon aus, dass es auch dort keine böse Überraschu­ng geben dürfte. „Man kann annehmen, dass sich die Basis unter dem Eindruck des Desasters ihrer Partei mehrheitli­ch für die große Koalition entscheide­t“, sagt Güllner.

Dieses Desaster – gemeint ist das Führungsch­aos bei den Genossen – schlägt sich auch in einem beispiello­sen Liebesentz­ug der Wähler nieder. Laut neuestem ARD-Deutschlan­dtrend käme die SPD nur noch auf 16 Prozent der Stimmen, wenn am Sonntag Bundestags­wahl wäre. Für Güllner hat dieser Niedergang allerdings einen langen Vorlauf: „Die SPD hat nie aufgearbei­tet, warum sie seit 1998 rund

„Die SPD hat nie aufgearbei­tet, warum sie seit 1998 rund elf Millionen Wähler verloren hat.“

Manfred Güllner Chef des Forsa-Instituts

elf Millionen Wähler verloren hat.“1998, das war das Jahr der rot-grünen Regierungs­übernahme unter Kanzler Gerhard Schröder. Damals fuhren die Sozialdemo­kraten satte 40,9 Prozent ein. Seitdem ging es für die Genossen nahezu kontinuier­lich abwärts – bis zu den 20,5 Prozent bei der Bundestags­wahl 2017. Und wie die neueste Umfrage zeigt, scheint auch die 20-Prozent-Marke keine Haltelinie mehr zu sein. Besonders beunruhige­nd ist für die SPD, dass sie jetzt nur noch einen Prozentpun­kt vor der AfD liegt.

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FOTO: JENS WOLF/DPA Kommende Woche beginnt bei der SPD die große Urabstimmu­ng über den Koalitions­vertrag mit der Union. Laut Forsa-Meinungsfo­rscher ist dabei eher mit einer Mehrheit für die Groko zu rechnen.

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