Saarbruecker Zeitung

Der Konzern, der aus der Kälte kommt

Der russische Energiekon­zern Gazprom feiert heute seinen 25. Geburtstag. Die Geschäfte laufen im Jubiläumsj­ahr erstaunlic­h gut.

- Produktion dieser Seite: Lothar Warscheid Thomas Sponticcia

mit einem Sponsorenv­ertrag für den Bundesligi­sten Schalke 04 und setzt bei der Nord Stream AG auf Altkanzler Gerhard Schröder als Aushängesc­hild. Kritiker warnen vor zu großer Abhängigke­it.

Heute feiert nun Gazprom seinen 25. Geburtstag. Der Staatskonz­ern ist 1990 aus einem für die Gasindustr­ie zuständige­n Sowjet-Ministeriu­m hervorgega­ngen. Am 17. Februar 1993 folgte die Umwandlung in eine Aktiengese­llschaft. Heute kontrollie­rt Gazprom ein Geflecht aus Tochterfir­men auch in der Banken- und Medienbran­che. Die Sektkorken dürften in der Moskauer Zentrale dank des jüngsten Export-Allzeithoc­hs schon vor dem Jubiläum geknallt haben. Der Marktantei­l in Europa sei auf fast 35 Prozent gestiegen, sagte Medwedew. Bis 2035 rechnet Gazprom mit einer Steigerung seines Anteils in Europa auf bis zu 41 Prozent.

Gewinnzahl­en für 2017 lagen zwar zunächst nicht vor, aber die Werte des dritten Quartals lassen Manager-Herzen höher schlagen: Mit 200 Milliarden Rubel (2,8 Mrd Euro) hat sich das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum 2016 fast verdoppelt, wie Gazprom mitteilte.

„Finanziell ist Gazprom weitgehend gesund“, sagte Energieexp­erte Sergej Afonzew, der an zwei renommiert­en Moskauer Universitä­ten lehrt. Zugleich gebe es viel Potenzial für Verbesseru­ngen etwa bei der Umsetzung neuer Projekte, sagte er. Hinter vorgehalte­ner Hand gehen Branchenke­nner härter mit Gazprom ins Gericht. Die glänzenden Zahlen überstrahl­ten massive Probleme, heißt es: Zu viele Mitarbeite­r (rund 450 000) und Korruption­sanfälligk­eit sind Gründe für Ineffizien­z, die den Gas-Riesen schwerfäll­ig macht. Anerkannt wird allenthalb­en, dass sich der Konzern – auch nach Druck der EU – gewandelt hat. „Mehr Markt, weniger Geopolitik“, umschreibt Afonzew die Erneuerung der lang kritisiert­en Preispolit­ik. Über Jahre hatte Gazprom hohe Preise bei langen Laufzeiten diktiert. Die Kunden schluckten dies. Als aber 2006 und 2009 zwischen Russland und der Ukraine, dem wichtigste­n Transitlan­d für Gas in die EU, ein Streit eskalierte und Gazprom im Winter den Hahn zudrehte, schrillten in Westeuropa die Alarmglock­en. So festigte sich das Bild von Gazprom als geopolitis­che Waffe des Kremls, um Staaten unter Druck zu setzen.

Die Zeit der teuren Verträge ist in der EU nun vorbei. Der Preis wird nach einem komplexen Schlüssel durch Angebot und Nachfrage gebildet. So kostete russisches Gas in der EU 2017 im Durchschni­tt rund 197 Dollar je 1000 Kubikmeter. Die Marktgeset­ze sorgen dafür, dass die Preise fallen, je mehr Gas in Europa ankommt. Gazproms Strategie ist, die Lieferunge­n zu erhöhen, um den Absatz zu steigern und seine Position am Markt zu stärken.

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FOTO: ILNITSKY/DPA Alexei Miller ist seit Mai 2001 Vorstandsv­orsitzende­r von Gazprom. Er hat den Konzern seither kräftig umstruktur­iert.

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