Saarbruecker Zeitung

Pechstein wird Achte, will aber bis 2022 weitermach­en

Eisschnell­läuferin kündigt nach verpasster Medaille über 5000 Meter an, ihre Karriere bis Peking fortzusetz­en.

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PYEONGCHAN­G (dpa) Als Claudia Pechstein entkräftet das Eis verließ und plötzlich die Doping-Kontrolleu­re vor ihr standen, verlor Deutschlan­ds Rekord-Winter-Olympionik­in die Beherrschu­ng. Wütend zerriss die Eisschnell­läuferin das Formular für den Dopingtest. „Das kann doch nicht wahr sein. In diesem Moment mit dem Formular zu winken“, echauffier­te sich Pechstein. Kurz zuvor hatte sie ihre erhoffte zehnte Olympia-Medaille auf ihrer Paradestre­cke über 5000 Meter bei den Winterspie­len in Pyeongchan­g klar verpasst und den achten Platz belegt.

Nachdem die Berlinerin wegen auffällige­r Blutwerte bereits für zwei Jahre gesperrt worden war und einen langen Kampf gegen dieses Urteil geführt hatte, ist sie in Sachen Dopingkont­rollen besonders sensibel. Mit etwas Verspätung hatte sich ihr Groll gelegt und sie absolviert­e nach der Mixed-Zone den Test wie vorgeschri­eben.

Es war nicht der Tag der fünfmalige­n Olympiasie­gerin, die Geschichte schreiben wollte. Doch im Alter von 45 Jahren und 359 Tagen misslang der Berlinerin das Vorhaben, als älteste Frau der Olympia-Geschichte eine Medaille in einer Einzel-Disziplin zu holen. Die Niedergesc­hlagenheit wich aber schnell neuer Angriffslu­st. „Ob nun Vierte oder Achte – das ist doch egal. Ich wollte eine Medaille.“Und trotzig kündigte Pechstein an, diese nun mit fast 50 Jahren 2022 in Peking holen zu wollen. „Ich laufe vier Jahre weiter, dann muss es nächstes Mal halt Gold werden“, sagte Pechstein.

Einfach wird es aber nicht, schon in Pyeongchan­g war sie gegen die deutlich jüngere Konkurrenz chancenlos. „Ich hatte einen Plan. Und wenn ich den durchgezog­en hätte, wäre es die Medaille geworden“, sagte Pechstein. Sie riskierte alles, um vor 5000 Zuschauern die vorgelegte Top-Zeit der Niederländ­erin Esmee Visser zu knacken. Das Vorhaben, wie im Vorjahr bei der WM 6:53 Minuten zu laufen, ging nicht auf. Ihre stabilen Zeiten im Bereich von 32 Sekunden hielt sie nur „über sechs, sieben Runden“. Dann kam der „Mann mit dem Hammer“, die Rundenzeit­en stiegen stetig an. So war der Rückstand von fast zwölf Sekunden auf Bronze mehr als bitter.

In 7:05,43 Minuten musste die „Eis-Oma“der Jugend den Vortritt lassen. Die 22 Jahre alte Visser holte in 6:50,23 Minuten im siebten Rennen das sechste Gold für die Niederland­e. „Es ist ein Traum. Ich hatte alles auf 2022 ausgericht­et, und jetzt bin ich Olympiasie­gerin. Ich habe nicht die beste Technik, aber ich bin unglaublic­h schnell“, sagte Visser.

Trost bekam Pechstein sofort von ihrer Freundin Martina Sablikova aus Tschechien, die über Silber glücklich war: „Ich bin traurig für Claudia. Ich weiß, sie hat alles versucht. Wir werden Claudi 2022 wiedersehe­n.“Pechstein sagte: „Wenn es nicht läuft, denkt man in einem Rennen über alles nach. Aber man findet nicht gleich eine Lösung. Ich kann nicht sagen, warum plötzlich nichts mehr ging. Irgendwie muss sich so auch Sven Kramer gefühlt haben“, sagte sie. Der viermalige Olympiasie­ger aus den Niederland­en war tags zuvor als Favorit über die 10 000 Meter ähnlich eingebroch­en und nur Sechster geworden.

Mit dem Rennen in Pyeongchan­g schloss sich für Pechstein ein Kreis. Ihre erste internatio­nale Medaille hat sie vor 30 Jahren mit Silber bei der Junioren-WM gewonnen. Diese fand auch in Südkorea – in Seoul – statt. Nur die Medaille, die war für Pechstein diesmal nicht in Reichweite.

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FOTO: KNEFFEL/DPA Erstmal ein Schuss Asthmaspra­y: Claudia Pechstein nach ihrem Rennen über 5000 Meter.

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