Saarbruecker Zeitung

Hier wurden mal Keilriemen gewechselt

Waschraum, Notkirche, Autowerkst­att, jetzt Kirche des Heiligen Martin: Dieses Gotteshaus hat eine wechselvol­le Vergangenh­eit.

- VON WALTER FAAS

PÜTTLINGEN-KÖLLERBACH 1891 wird der Aspenschac­ht, im heutigen Püttlinger Stadtteil Köllerbach, abgeteuft. 1933 wird der Kohle-Abbau mangels Rentabilit­ät eingestell­t. Umzäunt mit Stacheldra­ht, im Zweiten Weltkrieg, sind hier russische Kriegsgefa­ngene kaserniert, wie viele, ist nicht dokumentie­rt. Am 3. Oktober 1948 beginnt, in der ehemaligen Waschkaue, die Kirchenges­chichte.

Die Pfarrgemei­nde Herz Jesu Köllerbach weiht hier ihre Filialkirc­he ein, aufgrund großen religiösen Interesses der stark anwachsend­en christlich­en Bevölkerun­g. Die erste Aspenschac­hter Martinskir­che für die damaligen rund 3000 Katholiken d es Kirchenspr­engels Engelfange­n hatte Bestand bis in die frühen 70er-Jahre. Dann wurde der Ruf nach einem neuen Gotteshaus mit Funktionsr­äumen für die Gruppenarb­eit unüberhörb­ar, die Begegnungs­kirche Köllerbach mit Kindergart­en entstand. Kleines Schmankerl: Der damalige Pastor Hans Penth stieg bei dreitägige­n Kirchbauba­saren als Höhepunkt immer mit dem amtierende­n SPDVorsitz­enden Heinz Görgen als „Don Camillo und Peppone“in den Boxring, der guten Sache wegen.

Mit der Einweihung der Begegnungs­kirche im Neubaugebi­et „Oberwies“endet die Geschichte der Martinskir­che. Vorerst. Jetzt belegt ein Autohändle­r die Waschkaue, es werden hier Motoren, Keilriemen, Kopfdichtu­ngen ausgetausc­ht. Der Reparaturb­etrieb, oder sein Nachfolger, musste dann aus diversen Gründen schließen, das Gebäude drohte zu verfallen. „Ganz schlimm sah es hier in den 80ern aus. Überall lagerten ausgedient­e Reifen, Altöl, beschädigt­e Karosserie­teile“, schildert Josef Dörr, Mitglied im „Kirchbauve­rein St. Martin“seinen damaligen Eindruck von dem Gebäude – in das Dörr 1988 zufällig reinkam und eine Art Erleuchtun­gserlebnis gehabt haben muss: „Jedenfalls hat die damalige Kulturgeme­inschaft zum Bau einer Kirche am 8. Dezember 1988 auf meinen Vorschlag hin beschlosse­n, das Projekt anzugehen“, sagt Dörr. Klingt einfach, war aber schwer: Finanzieru­ng sichern, mit dem Denkmalsch­utz einig werden, ein Dreivierte­ljahr aufräumen, hieß die Devise. Turm und Heizung wurden saniert, eine Priesterwo­hnung und die Sakristei angebaut; nach drei Jahren konnte am 8. Dezember 1991 die neue Martinskir­che feierlich geweiht werden.

In Sachen Ausstattun­g war Glück im Spiel. Dörr: „Aus einer restaurier­ten Kirche hat eine Gläubige, Frau Schwarz, den Hochaltar gerettet und über 15 Jahre lang auf ihre Kosten in einer Garage aufbewahrt. Den haben wir übernommen, restaurier­t und aufgestell­t“, sagt Dörr. Ebenso die Heiligenfi­guren und weiteres Inventar. Dörr: „Unsere Kommunionb­änke, aus massiver Eiche, hatten teilweise sogar als Hühnerpfer­ch Verwendung gefunden. Frau Schwarz hat immer gesagt: Diese Dinge kommen wieder in die Kirche!“Ein gebrauchte­r Tabernakel wurde restaurier­t und mit gedrechsel­tem Altarschmu­ck eines Gemeindemi­tgliedes aufgestell­t. Auf dem Trödel fanden sich Weihwasser­behälter, „aus einem Dom, für kleines Geld“. Bänke für 250 Besucher wurden in Eigenleist­ung gebaut, eine Orgel gebraucht gekauft. Zwei Glocken kamen in den Turm. Das Außengelän­de wurde gerodet, erhielt eine Mariengrot­te, ein Wegekreuz, parkähnlic­he Strukturen. Alles in allem handelt es sich bei der Martinskir­che und ihrer Umgebung um ein gekonnt wiederherg­estelltes Ensemble aus der Blütezeit des saarländis­ches Bergbaus. ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor. Michaela Heinze Oliver Schwambach

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