Saarbruecker Zeitung

Nach vier Stunden war alles vorbei

Ausnahmezu­stand in Neunkirche­n: 2500 Bürger mussten evakuiert werden, weil eine 50 Kilogramm schwere Bombe entschärft wurde.

- VON ELKE JACOBI

Nach vier Stunden und 15 Minuten war alles vorbei. Der Leiter des Landespoli­zeipräsidi­ums 125 – Kampfmitte­l-Beseitigun­gsdienstes, Dirk Otterbein, hatte knapp über eine halbe Stunde – von 10.42 bis 11.15 Uhr – gebraucht, um die bei den Bauarbeite­n auf den Bliesterra­ssen in Neunkirche­n entdeckte amerikanis­che 50-Kilo-Fliegerbom­be zu entschärfe­n. „Sie hatte nur einen Zünder, da ging das einfach“, erklärte Otterbein. Die mit 25 Kilogramm Sprengstof­f gefüllte Bombe wartet nun in einem Waffenlage­r auf den Abtranspor­t in die Lüneburger Heide zur Entsorgung. „Das war hervorrage­nde Arbeit“, attestiert­e der Einsatzlei­ter Jörg Aumann dem Team. Es war die größte Evakuierun­g des Saarlandes nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis 7 Uhr gestern Morgen musste eine Fläche im Radius von 300 Metern rund um die Bombe geräumt sein. Aumanns Lob galt zum einen den über 500 Helfern von Rathaus, Polizei, Neunkirche­r Verkehrs AG und den verschiede­nen Hilfsdiens­ten, die ab dem frühen Morgen in den unterschie­dlichsten Bereichen tätig waren. Zum anderen aber auch den rund 2500 betroffene­n Bürgern selbst, „die bis auf wenige Ausnahmen in vorbildlic­her Weise sehr disziplini­ert“gewesen seien. Platzverwe­ise seien nicht nötig gewesen, lediglich einmal habe man eine Identitäts­feststellu­ng durchführe­n müssen. Es gab weder Gewaltanwe­ndung noch gewaltsame­s Öffnen von Wohnungen.

Am längsten hatte die Evakuierun­g eines der beiden betroffene­n Seniorenhe­ime gedauert. 113 Personen mussten von hier mit Wagen der Hilfskräft­e in die Gebläsehal­le gebracht werden. Die Veranstalt­ungshalle am Alten Hüttenarea­l war eine der Anlaufstel­len für die Evakuierte­n. Am Abend zuvor hatte hier noch die ADAC-Gala stattgefun­den. Die Mitarbeite­r der Neunkirche­r Kulturgese­llschaft hatten die Nacht durchgearb­eitet, um die Halle morgens um 6.30 Uhr öffnen zu können. 220 Menschen insgesamt nahmen das Angebot an, ließen sich von den ehrenamtli­chen Helfern mit Getränken und Imbiss bewirten. Für die Kinder war eine Spielecke eingericht­et, dort sorgten unter anderem Michel Luther und Vianne Backes vom DLRG für Unterhaltu­ng. Mit weiteren fünf Kollegen und 16 DRK-Kreisverba­nd-Mitglieder­n waren sie bereits ab 6 Uhr vor Ort.

Wolfgang Frieske, beim Kreis-DRK Ausbilder im Betreuungs­dienst, organisier­te: von der Anforderun­g von Essen und Getränken beim dafür zuständige­n Malteser Hilfsdiens­t bis hin zum Aufstellen der Mülleimer alles. „Die Zusammenar­beit auch mit Feuerwehr und den Stadtmitar­beitern sowie der verschiede­nen Hilfsdiens­te klappt vorzüglich“, bestätigte Frieske. „Bestens organisier­t“– dieses Fazit sollten am Ende auch Tina Keller vom städtische­n Ordnungsam­t und Kreisbrand­inspekteur Werner Thom vom Katastophe­nschutz des Landkreise­s ziehen. Fast zwei Wochen waren sie mit der Organisati­on beschäftig­t. „Es gab sehr viele Details, die zu organisier­en waren, wie beispielsw­eise freie Betten für Bettlägeri­ge.“Mehrere 100 Anrufe waren übers Bürgertele­fon eingelaufe­n. 30 Menschen baten um eine Fahrgelege­nheit aus dem Evakuierun­gsgebiet. Für alle, die am Tag nicht zu Fuß zur Gebläsehal­le konnten, standen Busse der NVG bereit, um die Halle des Verkehrsbe­triebes anzufahren. Auch hier gab es Platz für Hunderte, knapp 30 nahmen das Angebot an. Die ebenfalls vorgehalte­ne Halle in Wellesweil­er wurde nicht benötigt. 22 Menschen gingen am Morgen in den Zoo – der hatte bereits ab 7.15 Uhr für die Evakuierte­n geöffnet.

Die übrigen Bewohner hatten sich bei Verwandten oder Bekannten einquartie­rt oder suchten das Weite. Wie Familie Becker etwa. Die war kurz vor Schließung des Evakuierun­gsgebietes unterwegs, um zu grillen und zu wandern.

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FOTOS: JÖRG JACOBI Dirk Otterbein vom Kampfmitte­lräumdiens­t mit der unschädlic­h gemachten Fliegerbom­be aus dem Zweiten Weltkrieg.
 ??  ?? Eine evakuierte Anwohnerin.
Eine evakuierte Anwohnerin.
 ??  ?? Großes Medieninte­resse: Einsatzlei­ter Jörg Aumann bei der Pressekonf­erenz.
Großes Medieninte­resse: Einsatzlei­ter Jörg Aumann bei der Pressekonf­erenz.

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