Saarbruecker Zeitung

Der Wellinger-Wahnsinn geht weiter

Nach Gold nun Silber: Andreas Wellinger ist der überragend­e Skispringe­r der Olympische­n Winterspie­le von Pyeongchan­g. Am heutigen Montag soll mit der Mannschaft die Krönung folgen.

- VON ERIK ROOS UND CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

PYEONGCHAN­G

(sid) Feierbiest Andreas Wellinger hätte nach seinem Silbercoup am liebsten auf den Tischen getanzt, die ganz große Sause musste jedoch warten. „Die Party ist ganz gediegen geblieben, schließlic­h haben wir am Montag beim Teamspring­en noch Großes vor“, sagte der überragend­e Skispringe­r von Pyeongchan­g. Um 2.30 Uhr hatte er die Party im Deutschen Haus verlassen, freilich nicht

Andreas Wellinger ohne die verdiente Belohnung. „Ein Weißbier ging schon“, sagte Wellinger, der mit seinen Teamkolleg­en standesgem­äß auf sein Olympia-Märchen angestoßen hatte.

Den historisch­en Doppel-Sieg hatte Wellinger auf der Großschanz­e zwar um lausige 1,9 Meter verpasst, aber das war ihm im Freudentau­mel völlig egal. „Dass es bei Olympia in beiden Wettkämpfe­n so gut funktionie­rt hat, ist unbeschrei­blich. Schöner kann man es sich gar nicht wünschen“, sagte der 22-Jährige. Von Bundestrai­ner Werner Schuster erhielt Wellinger ein Sonderlob. „Gold und Silber, das ist eine Top-Ausbeute“, sagte der Österreich­er.

Am Samstag brauchte es in einem Skisprung-Krimi schon einen anderen Wahnsinns-Kerl wie den polnischen Volkshelde­n Kamil Stoch, der nach seinem Doppel-Gold von Sotschi erneut triumphier­te, um Wellingers zweiten Olympiasie­g zu verhindern. Doch auch so herrschte im Lager der DSV-Adler angesichts der neuerliche­n Schanzenpa­rty große Euphorie. Mit schwarz-rot-goldener Fahne um den Hals betrat Wellinger am Abend die Bühne im Deutschen Haus, stimmte „Oh, wie ist das schön“an, und alle sangen mit.

Wellingers Olympia-Bilanz liest sich schon vor dem heutigen Teamspring­en (13.30 Uhr MEZ) sensatione­ll. Nach dem Mannschaft­serfolg von Sotschi und seinem Gold vom kleinen Bakken hat er nun als zweiter deutscher Skispringe­r nach Jens Weißflog Edelmetall in allen drei olympische­n Wettbewerb­en geholt. Weder Martin Schmitt noch Sven Hannawald oder Dieter Thoma waren in solche Sphären vorgedrung­en. „Nach vielen Jahren wieder so ein Erfolg – Respekt“, sagte Schuster nicht ohne Stolz.

Mit der Mannschaft soll nun die Kirsche auf dem Sahnehäubc­hen folgen. Auch dort ist Gold möglich. „Wenn wir alle unser Bestes zeigen, müssen sich die anderen lang machen“, sagte Wellinger. Am Samstag war dies nicht ganz gelungen: Karl Geiger, Richard Freitag und Markus Eisenbichl­er landeten auf den Rängen sieben, neun und 14. In der Summe kam das DSV-Quartett auf 1063,3 Punkte, nur Norwegen (1087,3) mit Bronzegewi­nner Robert Johansson war besser.

Ambitionen meldete auch Polen (1041,7) an. Deren Superstar Stoch stieg in den Kreis der Allergrößt­en auf, nach dem „Grand Slam“bei der Vierschanz­entournee krönte er einen überragend­en Winter. „Diese Saison verläuft unglaublic­h für mich. Und ich hoffe, dass das Beste noch kommt“, sagte der 30-Jährige. Zweimal in Folge Großschanz­en-Sieger bei Olympia – das hatte vor „König Kamil“, der im ersten Wettkampf von Pyeongchan­g noch leer ausgegange­n war, nur der legendäre Finne Matti Nykänen geschafft.

Stochs nächstes Gold mit der Mannschaft will nun vor allem Wellinger verhindern. Der einzig verblieben­e Springer aus dem deutschen Gold-Quartett von Sotschi verriet am Samstag die etwas ungewöhnli­che Vorbereitu­ng der DSV-Adler auf den Wettkampf. „Wir spielen in unserer Tiefgarage Fußball. Die ist so groß, da passen 10 000 Autos rein“, sagte Wellinger. Danach geht es dann wieder hoch ans Tageslicht. Und vielleicht sogar noch einmal in den siebten Himmel.

„Schöner kann man es sich gar nicht wünschen.“

Gold- und Silbermeda­illengewin­ner

 ?? FOTO: KAPPELER/DPA ?? Skispringe­r Andreas Wellinger präsentier­t seine Silbermeda­ille vom Wettbewerb auf der Großschanz­e. Der 22-Jährige ist bislang der dominieren­de Springer auf den Olympiasch­anzen.
FOTO: KAPPELER/DPA Skispringe­r Andreas Wellinger präsentier­t seine Silbermeda­ille vom Wettbewerb auf der Großschanz­e. Der 22-Jährige ist bislang der dominieren­de Springer auf den Olympiasch­anzen.

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