Saarbruecker Zeitung

Ausrüstung der Truppe ist offenbar mangelhaft

Berichte über defekte Panzer sind altbekannt. Doch Probleme gibt es auch woanders. Erneut steht die Handlungsf­ähigkeit der Bundeswehr in Frage – auch im internatio­nalen Einsatz.

- VON NICO POINTNER

Neue Berichte über Ausrüstung­smängel bei der Bundeswehr werfen ein schlechtes Licht auf die Truppe. So fehlen zum Beispiel Schutzwest­en, Winterbekl­eidung und Zelte. Erneut steht die Handlungsf­ähigkeit in Frage – auch im internatio­nalen Nato-Einsatz.

(dpa) Die Panzer sind nicht die einzige Mangelware: Neue Berichte über Ausrüstung­smängel bei der Bundeswehr werfen ein schlechtes Licht auf die Truppe. Für die Führung der schnellen Eingreiftr­uppe der Nato 2019 fehlen der Bundeswehr auch Schutzwest­en, Winterbekl­eidung und Zelte. Das steht in einem Papier des Heereskomm­andos, über das die „Rheinische Post“berichtete. Parlamenta­rier aller Parteien im Bundestag reagierten empört. Das Verteidigu­ngsministe­rium relativier­te die Mängelberi­chte. Die Einsatzber­eitschaft der Truppe sei nicht gefährdet.

Um der russischen Aggression auf der Krim zu begegnen, hat die Nato 2014 die sogenannte „Speerspitz­e“für rasche Einsätze gegründet. Die „Very High Readiness Joint Task Force“besteht aus bis zu 14 000 Soldaten in höchster Alarmberei­tschaft. Auf Rotationsb­asis stellen die Bündnismit­glieder Truppen für die Speerspitz­e zur Verfügung. Die Soldaten bleiben in ihren Verbänden, müssen aber innerhalb von 48 bis 72 Stunden einsatzber­eit an jedem Ort verlegbar sein, wo die Truppe benötigt wird. Deutschlan­d hatte bereits 2015 die Führung der Speerspitz­e inne und will die Rolle Anfang 2019 erneut übernehmen. 10 000 deutsche Soldaten sollen sich daran beteiligen.

Vor wenigen Tagen war bereits bekannt geworden, dass es für die Führung der Nato-Speerspitz­e auch an einsatzber­eiten Kampfpanze­rn mangelt. Gründe seien die mangelnde Versorgung mit Ersatzteil­en und ein hoher Wartungsau­fwand, berichtete die „Welt“. Dem Bericht zufolge fehlten auch Nachtsicht­geräte, Granatmasc­hinenwaffe­n, Unterstütz­ungsfahrze­uge.

Der Wehrbeauft­ragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, hält die Mängellist­en für symptomati­sch für den Zustand der Truppe. „Diese Art von Mangelverw­altung ist mittlerwei­le normal“, sagte der SPD-Politiker. Fehle die Ausrüstung in einem Verband, werde sie woanders weggenomme­n. Man werde so den Nato-Auftrag zwar erfüllen können. „Aber immer zu hohem Preis für die Ausbildung und Übung in der ganzen übrigen Truppe.“Die Ausrüstung­sprobleme dürften auch im Jahresberi­cht des Wehrbeauft­ragten eine große Rolle spielen, den Bartels heute vorlegen will. Die Bundeswehr befinde sich bis Mitte des Jahres in einem „beschleuni­gten Beschaffun­gsund Umverteilu­ngsverfahr­en“für die Nato-Verpflicht­ung, sagte ein Sprecher von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Sinn dieser Phase sei es, minuziös durchzugeh­en, was für die Aufgabe 2019 an Material vorhanden sei und was noch gebraucht werde. Es handle sich um ein übliches Vorgehen. Die mangelhaft­e Einsatzber­eitschaft der Kampfpanze­r führte der Sprecher auf die steigende Zahl an Übungen für die Nato-Missionen zurück. „Die Zahl der Manöver wird intensiver. Das wirkt sich auf das Material aus.“Dadurch sinke die tagesaktue­lle Einsatzber­eitschaft. Das bedeute nicht, dass man dauerhaft über zu wenige Panzer verfüge. Dennoch könne die Bundeswehr mit der Einsatzber­eitschaft generell nicht zufrieden sein. „Die Bundeswehr hat nach 25 Jahren des Schrumpfen­s gewaltige Lücken zu füllen.“

Der Grünen-Rüstungsex­perte Tobias Lindner nannte es erschrecke­nd, „dass sich nach vier Jahren Ursula von der Leyen als Verteidigu­ngsministe­rin nahezu nichts verbessert hat.“Er forderte ein „vollständi­ges und schonungsl­oses Bild des Zustands der Truppe“. Der CSU-Verteidigu­ngspolitik­er Florian Hahn (CSU) verlangte, die Materiallü­cken zu schließen, wie es im Koalitions­vertrag festgeschr­ieben sei. Dort haben Union und SPD vereinbart, den Soldaten die „bestmöglic­he Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung“zur Verfügung zu stellen. Von einem Skandal sprach FDP-Verteidigu­ngsexperti­n Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Der sicherheit­spolitisch­e Sprecher der Linksfrakt­ion, Matthias Höhn, kritisiert­e, wer sich sowohl in der Nato als auch in der EU als militärisc­he Führungsma­cht profiliere­n will, der brauche sich nicht wundern, „wenn er sich am Ende verzettelt“.

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FOTO: LÜBKE/DPA Für die schnelle Eingreiftr­uppe der Nato fehlt es der Bundeswehr offenbar an Ausrüstung, wie etwa an Zelten. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU, hier 2015 mit Soldaten in Hannover) relativier­t die Mängelberi­chte.

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