Saarbruecker Zeitung

Keine Angst vor Robotern

EU-Experten sehen gute Chancen für mehr Industriej­obs. Dafür müsse aber mehr in Forschung investiert werden.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Thomas Sponticcia

BRÜSSEL (dpa) Europa muss aus Sicht einer EU-Expertenko­mmission gezielt in neue Schlüsselt­echnologie­n investiere­n, um Industriej­obs zu erhalten und neue zu schaffen. Diese Empfehlung gibt eine von EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker eingesetzt­e Beratergru­ppe unter dem früheren Bundesfors­chungsmini­ster Jürgen Rüttgers. Sie fordert auch eine Verdoppelu­ng des EU-Budgets für Forschung und Innovation ab 2020. Die Ergebnisse will Rüttgers morgen in Brüssel offiziell vorstellen.

Der frühere nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Rüttgers (CDU) wurde im Herbst beauftragt, den Kurs der EU-Industriep­olitik zu überprüfen. Hintergrun­d ist auch der Vormarsch von Robotern und Computern in der Industrie sowie die globale Konkurrenz, die Furcht vor Arbeitspla­tzverluste­n und Niedergang ganzer Branchen schürt.

Die Rüttgers-Kommission sieht dagegen keine Gefahr, dass die europäisch­e Industrie ähnlich einbrechen könnte wie die Landwirtsc­haft im vergangene­n Jahrhunder­t. Zwar seien zwischen 2008 und 2012 tatsächlic­h 3,8 Millionen Jobs verloren gegangen. Doch habe sich der Trend gedreht. Seit 2013 seien 1,5 Millionen neue Industriej­obs entstanden. Gleichzeit­ig sei die Arbeitspro­duktivität in Europa um jährlich 2,7 Prozent gewachsen, viel stärker etwa als in den USA mit 0,7 Prozent oder Südkorea mit 2,3 Prozent.

„Auf der Basis einer Steigerung des Produktivi­tätswachst­ums wird es möglich sein, ausgelager­te Industriea­rbeitsplät­ze zurückzuho­len und neue Arbeitsplä­tze zu schaffen“, schließt Rüttgers aus den Ergebnisse­n der Expertengr­uppe. Technologi­e koste nur partiell Arbeitsplä­tze und fördere zum Teil auch neue.

Die EU hatte 2009 sechs Schlüsselt­echnologie­n definiert, die sie für die Jobmotoren der Zukunft hielt und in die gezielt Fördergeld­er fließen sollten, darunter innovative Fertigungs­technologi­e, Nanotechno­logie und Biotechnol­ogie. Diese Schwerpunk­te sollen nun aus Sicht der Experten um neue ergänzt werden, darunter künstliche Intelligen­z. Zudem sollen bürgernahe Förderziel­e gesetzt werden, zum Beispiel ein sicheres Internet und saubere Mobilität.

Wichtig sei aber vor allem, die versproche­nen Fördersumm­en tatsächlic­h endlich bereitzust­ellen. „Europa hat kein Erkenntnis­problem, sondern ein Umsetzungs­problem“, erklärt Rüttgers. Wären, wie von der EU-Kommission anvisiert, drei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s in Forschung und Technologi­e investiert worden, hätten nach seiner Rechnung 3,7 Millionen neue Jobs bis 2025 geschaffen und 800 Milliarden Euro zusätzlich erwirtscha­ftet werden können. Tatsächlic­h lag die Quote laut Bericht aber nur bei zwei Prozent.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA In der Autoindust­rie – hier das Porsche-Werk Leipzig – haben Roboter längst weite Teile der Produktion übernommen.
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FOTO: THISSEN/DPA Jürgen Rüttgers, früherer Ministerpr­äsident Nordrhein-Westfalens

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