Saarbruecker Zeitung

Ihle ist die letzte deutsche Hoffnung

Nico Ihle muss es richten. Am morgigen Freitag sprintet er bei den Olympische­n Winterspie­len um die letzte deutsche Medaillenc­hance im Eisschnell­lauf. Es droht ein Debakel wie in Sotschi.

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Pechstein im Massenstar­t.

Zweieinhal­b Runden Vollgas stehen vor Ihle, bei dem wegen seines achten Platzes über die halbe Distanz am Montag partout keine schlechte Laune aufkommen wollte. Er sprach vom „Feuer“, das noch in ihm brenne. Die 1000 Meter liegen Ihle mehr als die Kurzdistan­z. Die Strecke verzeiht mehr Fehler. Technische Patzer, die Ihle mitunter in seinen Läufen hat, können besser ausgeglich­en werden.

„Ich habe nichts dagegen, wenn ich einen Gegner habe, dem ich erst einmal eine schöne

Breitseite verpasse.“

Nico Ihle,

die letzte deutsche Medaillenh­offnung

im Eisschnell­lauf

Ihle wird am Freitag wohl kurz nach der Eispause starten, die schärfsten Rivalen werden nach ihm laufen. Vorlegen und dann hoffen – Ihles Weg zur Medaille dürfte zur Zitterpart­ie geraten. Dennoch kann sich Ihle mit der Ausgangsla­ge anfreunden. „Ich habe nichts dagegen, wenn ich einen Gegner habe, dem ich erst einmal eine schöne Breitseite verpasse“, sagte er.

Den Druck, den deutschen Verband vor einem erneuten Debakel zu bewahren, will er ausblenden. „Ich will die Medaille ja selber haben“, sagte Ihle. Robert Bartko, der Sportdirek­tor der DESG, dürfte mehr Druck verspüren. Bei seiner Amtsüberna­hme im Dezember 2014 hatte Bartko gesagt, Deutschlan­d müsse angesichts der sportliche­n Infrastruk­tur und mit Blick auf die erfolgreic­he Vergangenh­eit weltweit eigentlich „Eisschnell­lauf-Nation Nummer zwei“hinter den Niederland­en sein. Dreieinhal­b Jahre nach der Ankündigun­g sind die deutschen Kufen-Spezialist­en davon aber so weit entfernt wie der FC Bayern vom Abstieg aus der Fußball-Bundesliga.

Die ernüchtern­de Bilanz

in Pyeongchan­g: Enttäusche­nde Leistungen, viel Frust, keine Medaillen. Japan, Kanada, Südkorea und selbst Eisschnell­lauf-Zwerg Italien – sie alle stehen besser da als die einst ruhmreiche DESG. Wie schon vor vier Jahren in Sotschi steht der Verband vor einem Abschneide­n ohne Edelmetall. Die einzelnen Ergebnisse sind weitgehend sogar schlechter als in Russland.

„Wir wollen Weltspitze“, hatte Bartko vor dem Saisonstar­t gesagt. Was er bislang in Pyeongchan­g sah, war biederes Mittelmaß. Daran wird sich mittelfris­tig wohl nicht viel ändern. Derzeit scheint unklar, wer in Peking 2022 für die Wende sorgen soll. Die personelle­n Probleme der DESG dürften sich in den kommenden vier Jahren eher verstärken. Gerade im Frauenbere­ich klafft eine Lücke. „Es sieht im Damenberei­ch nicht unbedingt positiv aus“, sagt Chef-Bundestrai­ner Jan van Veen aus den Niederland­en. Es müssten „Mädels von unten ein bisschen Druck machen“. Derzeit findet dies jedoch nicht statt.

Wer trägt die Hoffnungen? Claudia Pechstein? Die fünfmalige Olympiasie­gerin kündigte zwar an, vier weitere Jahre laufen zu wollen. Ob sie mit dann fast 50 Jahren überhaupt noch zu Top-Leistungen fähig ist, bleibt abzuwarten. Sie ist auf jeden Fall die Letzte, die das Zukunftspo­tenzial verkörpert, das der Deutsche Olympische Sportbund und das Innenminis­terium sehen wollen, bevor sie Fördergeld­er fließen lassen.

 ?? FOTO: KNEFFEL/DPA ?? Nico Ihle gehört zu den Medaillenk­andidaten in Südkorea über die 1000 Meter. Sollte er kein Edelmetall einfahren, wären es für die Deutsche Eisschnell­lauf-Gesellscha­ft die zweiten Spiele ohne Medaille in Folge.
FOTO: KNEFFEL/DPA Nico Ihle gehört zu den Medaillenk­andidaten in Südkorea über die 1000 Meter. Sollte er kein Edelmetall einfahren, wären es für die Deutsche Eisschnell­lauf-Gesellscha­ft die zweiten Spiele ohne Medaille in Folge.

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