Saarbruecker Zeitung

Ansiedlung mit 1200 Jobs in Saarlouis geplant

Der Küchenhers­teller Nobilia erwägt nach SZ-Informatio­nen den Bau eines Werks am Lisdorfer Berg – die größte Ansiedlung im Saarland seit Jahrzehnte­n.

- VON PETER WILHELM

Das Saarland kann auf die größte Industrie-Ansiedlung hoffen, seit ZF Anfang der 70er Jahre sein Getriebewe­rk in Saarbrücke­n aufgebaut hat. Der Küchenhers­teller Nobilia denkt nach SZ-Informatio­nen offenbar ernsthaft über den Bau eines Werkes im Industrieg­ebiet Lisdorfer Berg bei Saarlouis nach. Rund 1200 Arbeitsplä­tze sollen dabei entstehen. Der deutsche Marktführe­r der Branche hat demnach intensives Interesse an dem 28 Hektar großen Filetstück des Industrieg­ebiets angemeldet. Eine offizielle Bestätigun­g gab die landeseige­ne Gesellscha­ft für Wirtschaft­sförderung, die die Flächen vermarktet, nicht. Mitglieder des Lenkungsau­sschusses, die über Ansiedlung­en mitentsche­iden, verwiesen auf ihre Verschwieg­enheitspfl­icht. Auch der Sprecher der Nobilia-Geschäftsf­ührung, Lars M. Bopf, hielt sich bedeckt: „Nobilia will weitere Kapazitäte­n aufbauen und prüft, wo eine solche Erweiterun­g stattfinde­n kann.“

Bisher hat das Unternehme­n alle Küchen an seinem Stammsitz in Verl bei Gütersloh (Nordrhein-Westfalen) produziert. Das Werk in Saarlouis wäre das erste an einem anderen Standort. Dass die Wahl auf das Saarland fällt, hat möglicherw­eise einen Grund in der Nähe zum französisc­hen und belgischen Markt. Beide Länder sind „Wachstumst­reiber“, wie es in der Jahresbila­nz 2016 heißt. Das Frankreich­geschäft hatte demnach allein einen Anteil von 41 Prozent an den Exporten. Belgien folgte mit weitem Abstand als zweitwicht­igstes Land für Ausfuhren. Auf 484 Millionen Euro belief sich der Auslandsum­satz, insgesamt erlöste das Unternehme­n rund 1,1 Milliarden Euro. Nobilia zufolge „kommt fast jede dritte in Deutschlan­d verkaufte Küche aus Verl“. Das Unternehme­n beschäftig­t insgesamt mehr als 3000 Mitarbeite­r. Im Industrieg­ebiet Lisdorfer Berg sind bislang sieben Unternehme­n mit mehr als 1000 Mitarbeite­rn tätig, eine Firma baut gerade ein Werk, sieben weitere Ansiedlung­en sind beschlosse­n.

„Nobilia prüft, wo eine

Erweiterun­g stattfinde­n kann.“

Lars M. Bopf

Sprecher der Geschäftsf­ührung des größten deutschen Küchenhers­tellers

Bisher war das Saarland vor allem für seine Sterne-Küche bekannt, bald vielleicht noch mehr für seine Einbau-Küchen. Nach SZ-Informatio­nen plant der deutsche Küchenhers­teller Nobilia den Bau eines Werkes im Saarlouise­r Industrieg­ebiet Lisdorfer Berg. Gut 1200 Arbeitsplä­tze sollen dadurch entstehen. Es wäre die größte Firmen-Ansiedlung seit Jahrzehnte­n im Land.

Laut übereinsti­mmenden Quellen hat der Küchenhers­teller offenbar großes Interesse an dem mit 28 Hektar größten Grundstück des Industrieg­ebiets. Die Fläche gilt als das Filetstück am Lisdorfer Berg – und würde perfekt zu den Anforderun­gen des Küchenhers­tellers passen. Es ist die größte sofort verfügbare und zusammenhä­ngende Industrief­läche in Südwestdeu­tschland.

Nobilia hat seinen Sitz in Verl (bei Gütersloh) und ist der Marktführe­r in Deutschlan­d. Jede dritte verkaufte Küche der Republik kommt aus Verl, im mittleren Preissegme­nt zwischen 5000 und 6000 Euro ist es sogar jede zweite. Im Geschäftsj­ahr 2015 durchbrach die Firma erstmals die Schallmaue­r von einer Milliarde Euro Umsatz.

Nobilia wächst seit Jahren stetig. Während der Konkurrent Alno, mit knapp der Hälfte des Umsatzes und der Mitarbeite­r bis dahin der Branchen-Vize, im vergangene­n Jahr Konkurs anmelden musste, verbucht Nobilia von Jahr zu Jahr Zuwächse und schreibt Rekordzahl­en. Im Oktober kaufte die Firma die insolvente Alno-Billig-Tochter Pino auf.

Das 1945 von zwei Brüdern gegründete Familien-Unternehme­n beschäftig­t an zwei Produktion­sstandorte­n in Verl rund 3000 Mitarbeite­r – und stellt nach eigenen Angaben täglich 29 700 Küchenschr­änke her. Jährlich verlassen mehr als 630 000 Küchen die beiden Werke. Bislang.

Denn Nobilia möchte weiter zulegen. Der Name Saarlouis als möglicher neuer Standort hält sich dabei laut der Zeitung „die Glocke“in Verl bereits seit Wochen hartnäckig. Auf Nachfrage der Saarbrücke­r Zeitung sagte Lars M. Bopf, der Sprecher der Nobilia-Geschäftsf­ührung, gestern Nachmittag: „Nobilia will weitere Kapazitäte­n aufbauen und prüft, wo eine solche Erweiterun­g stattfinde­n kann.“Weitere Informatio­nen könnte es bereits heute geben, wenn der Hersteller am Stammsitz seine Bilanzpres­sekonferen­z abhält.

Von Seiten des Landes gab es keine offizielle Stellungna­hme zu den Plänen. Von der landeseige­nen Gesellscha­ft für Wirtschaft­sförderung Saar (GW Saar), die die Flächen am Lisdorfer Berg vermittelt, hieß es nur: „Die Vermarktun­g des Industrieg­ebietes läuft sehr gut.“Mitglieder des Lenkungsau­sschusses, der bei Neuansiedl­ungen am Lisdorfer Berg mitentsche­idet, verwiesen auf ihre „Verschwieg­enheitspfl­icht in dieser Sache“. Aus Branchenkr­eisen hieß es hingegen: „Einen solchen Schritt von Nobilia können wir uns in einem Zeitraum von drei bis vier Jahren sehr gut vorstellen.“

Der Standort am Lisdorfer Berg, in Sichtweite zur französisc­hen Grenze, wäre auch deshalb sinnvoll, weil der Export für das Unternehme­n eine immer wichtigere Rolle spielt. In 80 Länder liefert der Hersteller – der mit weitem Abstand größte Markt ist dabei Frankreich. Fast die Hälfte seines Auslandsge­schäfts macht Nobilia dort. In Saarbrücke­n wurde bereits ein Vertriebsz­entrum für den französisc­hen Markt errichtet.

Laut SZ-Informatio­nen hatte Nobilia bereits vor Jahren Überlegung­en angestellt, in Kaiserslau­tern ein neues Werk zu errichten. Dieser Plan wurde allerdings fallen gelassen. Stattdesse­n wurde 2006 nahe des Stammsitze­s in Verl ein zweites Werk gebaut. Auch dieses ist gut zehn Jahre später bereits an seiner Kapazitäts­grenze angelangt. 2014 gab Nobilia deshalb Pläne bekannt, das Gelände des zweiten Werkes auf 50 Hektar zu verdoppeln. Bislang scheiterte allerdings der Ankauf der Flächen am Widerstand eines Landwirts.

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FOTO: BERND THISSEN/DPA Nobilia beschäftig­t am Firmensitz in Verl derzeit rund 3000 Menschen. Nun plant der Branchen-Primus offenbar auch ein Werk in Saarlouis.
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FOTO: RUPPENTHAL Das Filetstück für den Küchenhers­teller? Das Industrieg­ebiet Lisdorfer Berg– hier könnte auf 28 Hektar Fläche das neue Nobilia-Werk entstehen.

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