Saarbruecker Zeitung

Amtsanmaßu­ng in Uniform?

- Produktion dieser Seite: M. Saeftel, N. Drokur, J. Wingertsza­hn, J. Laskowski

SULZBACH Jürgen Reimertsho­fer ist Rentner und sitzt im Stadtrat. Vergangene­s Jahr verließ der gelernte Krankenpfl­eger die SPD-Fraktion und gründete gemeinsam mit seiner Schwester - und zwar immer noch als Sozialdemo­krat - die „Fraktion der Mitte“.

Der Mann ist auch 2. Beigeordne­ter der Stadt Sulzbach, kann demzufolge den Bürgermeis­ter vertreten. Bei festlichen Anlässen taucht er auch schon mal in blauer, reichlich dekorierte­r Uniform auf. Und genau diese Uniform wurde ihm am Mittwoch zum Verhängnis. Denn da legten 96 Rekruten des Fallschirm­jägerregim­ents 26 am Salzbrunne­n-Ensemble vor großem Publikum ihr Gelöbnis ab.

Der 61-jährige Reimertsho­fer war auch zugegen - wie gesagt nicht in Zivil. Woraufhin er nach SZ-Recherchen von zwei Feldjägern der Bundeswehr angehalten worden sein soll. Der Zugang zum Gelöbnis-Gelände soll ihm verwehrt worden sein. Ein Augenzeuge berichtet, dass er diverse Orden von seiner Uniform-Jacke an Ort und Stelle habe abtrennen müssen.

Das wiederum stellte gestern der Betroffene auf SZ-Anfrage in Abrede. Seine Uniform, so Jürgen Reimertsho­fer, schmückten lediglich „Tätigkeits­zeichen“. Es handele sich dabei um die sogenannte­n ATN - um „Ausbildung­s- und Tätigkeits­nachweise.

Auf Anfrage äußerte sich gestern zu den Geschehnis­sen die Pressestel­le des Polizeiprä­sidiums in Saarbrücke­n. Von dort war zu erfahren, dass gegen Reimertsho­fer aber auch gegen einen nicht näher bekannten 66-jährigen Mann aus Quierschie­d - wegen Amtsanmaßu­ng (Paragraf 132 Strafgeset­zbuch) ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t sei. Ob nun wegen des unbefugten Tragens von Orden und Ehrenabzei­chen oder Uniformen mit Hoheitsabz­eichen - das blieb im Dunkeln. Jedenfalls, so heißt es seitens der Polizei, erhielten die beiden am Mittwoch auch einen Platzverwe­is.

Im Gespräch mit der SZ erklärt der Sulzbacher Uniform-Fan, dass von Soldaten beim Gelöbnis seine Identität überprüft worden sei. „Indirekt“habe seine Uniform damit etwas zu tun. Er sei kein Reservist, insofern dürfe er mit einer solchen wohl auch nicht auftreten. Vor mehr als 40 Jahren, so Reimertsho­fer, sei er aber mal als Seemann bei der Marine gewesen.

Und dann meldete sich am Nachmittag Thomas Dillschnei­der, der Sprecher der Bundeswehr im Saarland mit folgender Stellungna­hme, die wir gekürzt abdrucken: „Vor einigen Wochen wurde dem Landeskomm­ando Saarland gemeldet, dass sich Herr Jürgen Reimertsho­fer vermutlich widerrecht­lich in Uniform in der Öffentlich­keit zeigte. Dieser Meldung ist das Landeskomm­ando Saarland nachgegang­en und hat - in Zusammenar­beit mit der Polizei und Staatsanwa­ltschaft - entspreche­nde Ermittlung­en eingeleite­t. Der Kommandeur des Landeskomm­andos Saarland hat eine Strafanzei­ge wegen Verdacht auf unberechti­gtes Tragen von Uniformen, Dienstgrad­en, Orden und Ehrenzeich­en gestellt.

Als Herr Jürgen Reimertsho­fer, der in seiner Eigenschaf­t als Beigeordne­ter der Stadt Sulzbach zum feierliche­n Gelöbnis geladen war, in Uniform erschien, führten die Feldjäger eine Personenko­ntrolle durch. Nachdem festgestel­lt wurde, dass er weder zum Tragen der Uniform noch der daran befestigte­n Auszeichnu­ngen berechtigt war, wurde er aufgeforde­rt, die Orden und Ehrenzeich­en unverzügli­ch zu entfernen.“

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