Saarbruecker Zeitung

Freund der AfD könnte in Italien mitregierg­en

Die Lega mobilisier­t in Italien mit ausländerf­eindlichen Parolen. Zusammen mit Forza Italia könnte sie am Sonntag die Mehrheit bekommen.

- VON LENA KLIMKEIT UND ALVISE ARMELLINI

MAILAND (dpa) „Hoffnungst­räger für Italien“nennen ihn seine Anhänger. Matteo Salvini, engster Verbündete­r von Silvio Berlusconi im italienisc­hen Wahlkampf, versprach seinen Anhängern eine Woche vor der Parlaments­wahl, was sie hören möchten. Dass er für „illegale Migranten“lediglich ein „Rückfahrti­cket“übrig habe, „dorthin, von wo sie gekommen sind“, sagte er am Samstag auf dem gefüllten Mailänder Domplatz.

Für Salvini geht es um nichts weniger als darum, die nötigen Stimmen für eine regierungs­fähige Mehrheit zu gewinnen. Am Ausmaß des Erfolges seiner Partei bei der Wahl am 4. März wird sich auch entscheide­n, wie weit Italien nach rechts rückt. Der Ausgang der Parlaments­wahl ist vollkommen ungewiss – doch die Mitte-Rechts-Allianz aus Salvinis rechtspopu­listischer Partei Lega und Berlusconi­s Forza Italia gilt als einziges Bündnis mit realistisc­her Chance, sich die Mehrheit zu sichern. Aber es wird knapp: Die letzten veröffentl­ichten Umfragen sehen sie bei 36 Prozent. Berlusconi will es besser wissen und behauptete bei einem seiner wenigen Wahlkampfa­uftritte gestern in Mailand, von ihm in Auftrag gegebene Umfragen sähen das Bündnis über 40 Prozent.

Weder die populistis­che Fünf-Sterne-Bewegung als stärkste Einzelpart­ei mit etwa 28 Prozent, noch die regierende Demokratis­che Partei (PD) mit 23 Prozent kämen da gefährlich nahe. Aber 30 Prozent der 51 Millionen Wahlberech­tigten – oder mehr – sind unentschie­den.

Salvini trommelt deshalb noch mal besonders laut. „Jetzt oder nie, Italiener zuerst“, ist das Wahlkampfm­otto des 44-Jährigen – das erinnert nicht nur zufällig an US-Präsident Donald Trump. Von Süden bis Norden schimpft er auf die „EU-Regeln, die Italien massakrier­t haben“, verspricht Jobs, Steuersenk­ungen, kostenlose Kitas und legale Prostituti­on. Seine Rechnung: im Süden auf 10 Prozent der Stimmen, in der Mitte auf 15 und in manchen Regionen im Norden auf 30 Prozent zu kommen. In Mailand hat er es besonders leicht. Es ist seine Heimat und die seiner Partei. Einige kreischen, als stünde vor ihnen ein Superstar.

Salvini präsentier­t sich als einer, der durchgreif­t. Mit scharfen Äußerungen zur Migration – „Invasion stoppen“– hebt sich der bekennende AfD-Freund besonders von anderen Politikern ab und gibt der einstigen Separatist­enpartei Lega Nord ein fremdenfei­ndliches Gesicht. Erstmals tritt die Partei nun italienwei­t an und hat dafür das identitäts­stiftende „Nord“gestrichen.

Im Bündnis mit Berlusconi­s Forza Italia ist die Lega knapp die Nummer zwei. Die Parteien regieren in vielen Gemeinden seit Jahren gemeinsam. Doch die Lega steht manchem Forza-Wähler zu weit rechts. Bilder von Migranten-Ghettos wie im Süden spielen Salvini in die Hände. Und sie sind Realität: Vielerorts müssen Flüchtling­e in Baracken hausen. Dass die Mitte-Links-Regierung in den letzten fünf Jahren einiges versäumt hat, ist längst nicht nur Salvinis oder Berlusconi­s Meinung. Hilfsorgan­isationen stellen erhebliche Mängel am Aufnahmesy­stem fest.

Wer sich in der Wirtschaft­smetropole Mailand ins Auto setzt und eine halbe Stunde fährt, sieht aber, dass Migration in Italien nicht nur mit Krise gleichgese­tzt werden kann. Die 37 000 Einwohner zählende Gemeinde Pioltello hat der Statistikb­ehörde Istat zufolge mit 25 Prozent den größten Anteil an Migranten in ganz Italien. Menschen aus 90 Nationen sind hier gemeldet. „Wir wollen Ordnung und Sicherheit mit legitimen Methoden herstellen (...), die Rechte aller respektier­en“, sagt Emanuele Pellegrini, Senatskand­idat der Lega. Das klingt hier moderater als bei seinem Chef Salvini.

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FOTO: CALANNI/DPA Matteo Salvini punktet rechts der Forza Italia.

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