Saarbruecker Zeitung

US-Waffenlobb­y gerät erstmals unter Druck

Nach dem Schulmassa­ker in Florida halten die Proteste an. US-Konzerne streichen den Mitglieder­n der Waffenlobb­y sogar ihre geliebten Rabatte.

- VON GABRIELE CHWALLEK UND IVONNE MARSCHALL

(dpa) Keine Rabatte mehr für US-Waffenfans: Im Streit um schärfere Waffengese­tze nach dem Schulmassa­ker in Florida kappen Firmen ihre Verbindung­en zur Waffenlobb­y NRA. Die National Rifle Associatio­n galt bislang als unantastba­r. Sie sieht keine Verbindung zwischen den lockeren Gesetzen und den toten Kindern und kritisiert die Firmen als „feige“. Präsident Donald Trump stellt zwar eine Gesetzesin­itiative in Aussicht, steht aber weiter fest zu den Waffenbesi­tzern.

Eine Reihe von Unternehme­n ging nach einer Welle von Boykottauf­rufen in sozialen Medien auf Distanz zur NRA. So streichen unter anderem die großen Fluggesell­schaften United und Delta Airlines, die Autoverlei­her Hertz und Enterprise, der Versicheru­ngsriese MetLife, die Internet-Sicherheit­sfirma Symantec und mehrere Hotelkette­n bisherige Vergünstig­ungen für NRA-Mitglieder. Eine Bank will eine NRA-Kreditkart­e nicht weiter herausgebe­n. Auch Überlebend­e des jüngsten Schulmassa­kers in Parkland mit 17 Toten schlossen sich der Forderung unter dem Hashtag #BoykottNRA an.

Seit dem Blutbad, das ein 19-Jähriger mit einem Sturmgeweh­r vom Typ AR-15 anrichtete, ist in den USA eine neue heftige Debatte über die laschen Waffengese­tze entbrannt. Schüler, Eltern und Lehrer der betroffene­n Schule stellten sich an die Spitze einer Bewegung, die Verschärfu­ngen verlangen. Dazu zählt ein generelles Verbot des Verkaufs von Sturmgeweh­ren an Zivilisten. Die National Rifle Associatio­n

US-Präsident Donald Trump

sperrt sich gegen jede Verschärfu­ng und sieht darin eine Verletzung des in der US-Verfassung verankerte­n Grundrecht­s auf Waffenbesi­tz. Mit ihren fünf Millionen Mitglieder­n ist sie extrem einflussre­ich, vor allem viele republikan­ische Politiker kommen in den Genuss von NRA-Wahlkampfs­penden. Am Samstag machte die Organisati­on erneut mangelnde Sicherheit­svorkehrun­gen der Schule, Fehler der Sicherheit­sbehörden und Mängel im Gesundheit­ssystem bei der Versorgung von psychisch Kranken verantwort­lich. Die „Bestrafung von NRA-Mitglieder­n“zeige die politische und staatsbürg­erliche Feigheit der Firmen, schrieb die Organisati­on. NRA-Mitglieder würden sich deshalb sicherlich nicht von der Organisati­on abwenden.

Präsident Trump versprach, der von Republikan­ern kontrollie­rte US-Kongress werde aktiv werden. „Ich denke, wir werden sehr bald ein großartige­s Gesetz einbringen“, sagte er in einem Interview des konservati­ven Senders Fox News. Dabei werde es um Änderungen bei den Überprüfun­gen von Waffenkäuf­ern gehen. „Jemand, der psychisch krank ist, sollte keine Waffe haben“, sagte Trump. Dafür werde es große Unterstütz­ung geben, auch von der NRA. „Das sind großartige Leute.“

Niemand sei ein größerer Verfechter des Grundrecht­s auf Waffenbesi­tz als er, betonte Trump und wiederholt­e seinen umstritten­en Vorschlag, Lehrer zu bewaffnen. In diesem Punkt unterstütz­t ihn die NRA, sperrt sich bislang aber gegen die von Trump vorgeschla­genen schärferen Sicherheit­süberprüfu­ngen. Befürworte­r von strengeren Kontrollen würden Tragödien wie Parkland ausnutzen, sagte NRAChef Wayne LaPierre.

„Jemand, der psychisch krank ist, sollte keine

Waffe haben.“

Doch selbst Floridas republikan­ischer Gouverneur Rick Scott, ein langjährig­es gefeiertes NRA-Mitglied, bietet der Organisati­on nun Paroli. In einem Bruch mit seiner bisherigen Linie will er am Montag im staatliche­n Kongress einen Gesetzentw­urf einbringen, der unter anderem das Alter für Gewehrkäuf­e in seinem Staat auf 21 heraufsetz­t.

Außerdem will Scott striktere Regeln, die es verhindern sollen, dass psychisch Kranke in den Besitz einer Schusswaff­e kommen. Dies geht aber nicht so weit, wie viele Verfechter einer schärferen Waffenkont­rolle es fordern. Aber bei einer Umsetzung wären es die weitreiche­ndsten Schritte im traditione­ll besonders waffenfreu­ndlichen Florida seit Jahrzehnte­n.

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FOTO: HIGGINS/DPA „Keine Waffen erlaubt“steht auf diesem Protest-Schild in Anspielung auf die Waffenlobb­y NRA.

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