Saarbruecker Zeitung

Stadt will Waldstück für Häuser opfern

Südlich des Totobad-Parkplatze­s soll in St. Johann ein Baugebiet entstehen. Doch es formiert sich Widerstand.

- VON MARKUS SAEFTEL

ST. JOHANN Erst Artellieri­ekaserne in St. Arnual, dann Bellevue und Franzenbru­nnen in Alt-Saarbrücke­n: Die städtische Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g (GIU) erschließt viele neue Wohngebiet­e. Nun soll ein weiteres in St. Johann südlich des Parkplatze­s für die Totobad-Besucher dazukommen. 65 Wohnungen in Mehrfamili­enhäusern und 45 Reihen- und Einfamilie­nhäuser sollen dort nach Angaben der Stadt entstehen.

Baudezerne­nt Heiko Lukas und GIU-Geschäftsf­ührer Jürgen Schäfer sind überzeugt, dass es dafür einen Bedarf gibt. Das zeige der Franzenbru­nnen, meint Schäfer. Dort habe die GIU sogar Grundstück­e verlosen müssen. Also gebe es eine Nachfrage nach weiteren Baugrundst­ücken. Mit der Siedlungsg­esellschaf­t habe die Stadt zwar eine Wohnungsge­sellschaft, die sich aber auf das Vermieten von bezahlbare­m Wohnraum konzentrie­re – und die GIU auf die Erschließu­ng neuer Flächen, erklärt Schäfer. Wie am Franzenbru­nnen werde die GIU die Grundstück­e verkaufen. Daraus folge dann private Bautätigke­it. Schäfer: „Wir sehen uns nicht im Wettbewerb mit privaten Investoren.“

Aber warum will die Stadt ein weiteres Wohngebiet gerade „Am Heidenkopf“? Am Kieselhume­s soll ein Gesundheit­szentrum entstehen. Dazu kommt ein weiteres Wohngebiet „Ehemaliges SHD-Gelände und östliche Quellenstr­aße“ganz in der Nähe (die SZ berichtete). Lukas und Schäfer versuchen im SZ-Gespräch, Bedenken zu zerstreuen. Untersuchu­ngen hätten ergeben, dass zum Beispiel die Frischluft­zufuhr am „Heidenkopf“nicht beeinträch­tigt werde und es auch keine Bedenken wegen des Artenschut­zes gibt, versichert Schäfer. Auch eine Verkehrsvo­runtersuch­ung habe gezeigt, dass es an wichtigen Knotenpunk­ten wie der Einmündung zum Totobad und der Kreuzung Am Kieselhume­s/Kaiserslau­terer Straße zwar mehr Verkehr gebe, dieser aber bewältigt werden könne, sagt Jürgen Schäfer. Der Parkplatz für die Totobad-Besucher werde erhalten, die Zufahrt zu dem neuen Wohngebiet sei aber über den Parkplatz vorgesehen. Stadtpress­esprecher Thomas Blug sagt: „Es wird ein Gesamtverk­ehrsgutach­ten geben, das sowohl das Baugebiet als auch das Gesundheit­szentrum einschließ­t. Dieses Gutachten muss noch in Auftrag gegeben werden.“

Baudezerne­nt Lukas ist wichtig, dass auf dem rund fünf Hektar großen Areal hochwertig­e Häuser entstehen. Deshalb werde die Verwaltung einen Wettbewerb von Architekte­n und Landschaft­splanern in Abstimmung mit den Stadtratsf­raktionen ausloben. Die Aufstellun­g des Bebauungsp­lans hatte der Stadtrat im Dezember beschlosse­n.

So könnte also eine große Waldfläche in der Stadt verschwind­en. Grün-Amtsleiter­in Carmen Dams weist darauf hin, dass diese Fläche kein Stadtwald sei. „Die Fläche war sich selbst überlassen“, ergänzt GIU-Chef Schäfer, der betont, es handele sich um kein Landschaft­sschutzgeb­iet. Trotzdem muss der Flächennut­zungsplan des Regionalve­rbandes geändert werden. Darin ist die Fläche bisher als Wald vorgesehen. Dafür sind Beschlüsse des Stadtrats und des Regionalve­rbands nötig.

Der Bebauungs- und der Flächennut­zungsplan müssen offengeleg­t werden, sagt die Stadtverwa­ltung. Das heißt, Behörden und Verbände geben Stellungna­hmen ab und Bürger können Einwände vorbringen. Wann die Offenlage im Fall des Bauprojekt­s „Am Heidenkopf“sein wird, steht noch nicht fest, sagt Stadtpress­esprecher Thomas Blug. Das gelte auch für eine Bürgervers­ammlung. „Die Termine sind abhängig von der Vorlage des städtebaul­ichen Entwurfs, den Ergebnisse­n der Gutachten und den Beschlüsse­n der politische­n Gremien.“

Wäre der Baudezerne­nt denn bereit, das Wohngebiet zu verkleiner­n, falls es großen Widerstand gibt? Lukas erklärt: „Wir werden nichts durchziehe­n.“Die Interessen der Nachbarsch­aft und der Stadt würden gegeneinan­der abgewogen. Am Ende werde der Stadtrat entscheide­n. Dort sitzt Hermann Hoffmann als Mitglied der CDU-Fraktion. Er wohnt im Viertel und ist für das neue Baugebiet. Mehr Wohnraum sei wichtig. Hier verweist Hoffmann auf das Helmholtz-Zentrum an der Uni, wo viele Arbeitsplä­tze entstehen werden. Nach seiner Ansicht ist der Verkehr in dem Wohngebiet zu bewältigen. Natürlich werde es eine detaillier­te Verkehrsun­tersuchung und Umweltvert­räglichkei­tsprüfung geben müssen, stellt Hoffmann klar. Er habe schon befürchtet, dass es schützensw­erte Fledermäus­e in dem Waldstück gibt. „Das hat die GIU verneint.“Der CDU-Politiker sitzt im Aufsichtsr­at der Gesellscha­ft. Mindestens genauso wichtig wie das neue Baugebiet findet Hoffmann, dass ein Nahversorg­er in das Stadtviert­el kommt und genügend Kitaplätze in der Nähe vorhanden sind.

Eine wichtige Neuigkeit gibt es zum neuen Wohngebiet auf dem ehemaligen Saar-Hochdruck-Gelände: Die Verwaltung wird nun nach Bürgerbesc­hwerden deutlich weniger Häuser zulassen. Auch gegen das Baugebiet „Am Heidenkopf“regt sich jetzt Widerstand. Peter Heimer wohnt in der Peter-Zimmer-Straße und teilt mit, dass er mit einigen Mitstreite­rn am Dienstag, 27. Februar, zur Gründungsv­ersammlung einer Bürgerinit­iative einladen wird. Er erklärt im Gegensatz zur GIU, dass in dem fünf Hektar großen Waldstück schützensw­erte Tiere wie Waldkauze und Fledermäus­e leben. Die sehe er von seinem Haus aus täglich. Der Waldboden sei ein wichtiger Wasserspei­cher. Das betont auch ein Anwohner aus dem Kobenhütte­nweg: „Die Funktion zum Wasserauff­angen würde verloren gehen.“

Heimer kritisiert, dass immer mehr Flächen versiegelt werden. Gerade deshalb sei dieses Waldstück sehr wichtig. Trotzdem sollen am Kieselhume­s ein Gesundheit­szentrum entstehen und zwei neue Baugebiete. Heimer befürchtet deutlich mehr Verkehr und Staus auf der Straße Am Kieselhume­s, aber auch im Eschberger Weg und im Kobenhütte­nweg. Es werde zum „verkehrste­chnischen Kollaps“kommen.

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