Saarbruecker Zeitung

Saarsport braucht für Top-Athleten Zuschüsse

Der Saarsport ist auf Zuschüsse angewiesen. Zuletzt sorgten der Verstärkun­gsfonds und Gelder für Patrick Franziska für Schlagzeil­en.

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Der Verstärkun­gsfonds von Saartoto sorgt in der saarländis­chen Sportszene für Diskussion­en. Dabei ist der Saarsport auf Zuschüsse angewiesen, um zum Beispiel arrivierte Sportler ins Saarland holen zu können oder dort zu halten.

Wer wird mit welchem Geld im saarländis­chen Sport gefördert? In welcher Höhe? Und warum? Diese Fragen gewinnen seit Bekanntwer­den des Finanzskan­dals beim Landesspor­tverband für das Saarland (LSVS) an Brisanz. Politiker und Medien fordern Transparen­z, wie die Geldflüsse im saarländis­chen Sport funktionie­ren. Im Geflecht zwischen LSVS, der Saarland Sporttoto GmbH (kurz Saartoto), an der der LSVS zu drei Siebteln beteiligt ist, und allerlei anderen finanziell­en Fördertöpf­en wie dem beim saarländis­chen Innenminis­terium angesiedel­ten „Förderauss­chuss Spitzenspo­rt“fällt es schwer, den Überblick zu behalten.

Aktuell macht der sogenannte „Verstärkun­gsfonds“, den Saartoto aufgelegt hat, Schlagzeil­en. Gestern teilte der LSVS mit, was es mit dem „Verstärkun­gsfonds“auf sich hat. „Der Aufsichtsr­at der Saarland Sporttoto GmbH hat im März 2016 sowohl für den Bereich Kultur als auch für den Sport jeweils einen Verstärkun­gsfonds in Höhe von 250 000 Euro aufgelegt“, hieß es in einer Mitteilung von LSVS-Geschäftsf­ührerin Karin Becker: „Damit soll besonderen Bedürfniss­en Rechnung getragen werden.“

Weil 2016 ein sechsstell­iger Betrag in den saarländis­chen Tischtenni­ssport geflossen sein soll – unter anderem zur Finanzieru­ng des Nationalsp­ielers Patrick Franziska – schlagen die Wellen hoch. Schließlic­h hat der LSVS ein Finanzloch in Millionenh­öhe zu beklagen. Der exakte Betrag ist immer noch nicht ermittelt.

Und trotzdem fließt weiter Geld – im vorliegend­en Fall für einen jungen Mann, der 2017 Team-Europameis­ter mit der deutschen Auswahl wurde und in der Bundesliga für den 1. FC Saarbrücke­n aufschlägt. Gerechtfer­tigt? Unnötig? Zu hoch? Erwin Berg, der sportliche Leiter des FCS, hat dazu eine klare Meinung: „Nationale und internatio­nale Spitze mit Olympia-Chancen im Tischtenni­s ohne Mittel aus dem Verstärkun­gsfonds und aus dem Förderauss­chuss Spitzenspo­rt wären nicht möglich.“Im Klartext: Ohne Fördergeld­er könnte der FCS zusperren.

Nicht anders geht es vielen anderen Sportarten an der Saar, die in der Bundesliga aktiv sind – auch sie hängen am Tropf der Fördertöpf­e, können in der Regel aus eigener Kraft kaum arrivierte Sportler verpflicht­en oder im Saarland halten. Hinter Top-Sprinterin Laura Müller (LC Rehlingen) war etwa die halbe Leichtathl­etik-Republik her, Triathlon-Weltstar Jan Frodeno (LAZ Saarbrücke­n) war nach seinem Olympiasie­g 2008 nur über zusätzlich­e finanziell­e Förderung zu halten.

„Mit Patrick Franziska hat das Saarland eine Riesenchan­ce auf eine Olympia-Teilnahme und mit der deutschen Tischtenni­s-Nationalma­nnschaft auf eine olympische Medaille“, sagt LSVS-Geschäftsf­ührerin Becker. Edelmetall beim größten Sportereig­nis der Welt – das ist die harte Währung, die für die deutschen Olympiastü­tzpunkte essenziell und überlebens­wichtig ist. Nicht anders ist es in Saarbrücke­n an der Hermann-Neuberger-Sportschul­e. 2008 überrascht­e „Frodo“mit Gold in Peking, 2012 brachte Tischtenni­s-Profi Bastian Steger, damals in Diensten des FCS, Bronze im Team-Wettbewerb von den Spielen in London zurück. 2016 blieb das saarländis­che Medaillenk­onto leer. Umso wichtiger wäre eine Medaille von Franziska und seinen Nationalma­nnschaftsk­ollegen Dimitrij Ovchtarov und Timo Boll 2020 in Tokio.

„Die Entscheidu­ng, Patrick Franziska in besonderer Weise zu fördern, ist vergleichb­ar mit der früheren Förderung von Jan Frodeno“, sagt Becker. Zahlen nannte der LSVS keine – dem Vernehmen nach soll es sich um etwa 90 000 Euro im Jahr handeln. Ein durchaus marktüblic­her Verdienst eines Spielers mit dem Niveau von Franziska, manche Experten halten den Betrag sogar für günstig.

Neben dem Geld für Franziska floss laut LSVS-Mitteilung im Tischtenni­s Unterstütz­ung zur Finanzieru­ng von Bundes- und Landestrai­nern. Werner Laub, der Präsident des Saarländis­chen Tischtenni­s-Bundes (STTB), wird zitiert mit den Worten: „Ohne die Unterstütz­ung des Verbandes und insbesonde­re aus dem Verstärkun­gsfonds wären wir die letzten beiden Jahre nicht lebensfähi­g gewesen.“Der Saarbrücke­r Zeitung liegen Dokumente vor, die besagen, dass vom Saartoto-Aufsichtsr­at neben dem Geld für Spieler Franziska ein sechsstell­iger Betrag unter dem Betreff „Tischtenni­s Bund/Trainer“bewilligt wurde. Ob dieser Betrag floss und wofür dieser Betrag genau eingesetzt wurde, darüber gibt es keine Erkenntnis­se. Für die Jahre 2017 und 2018 sollen laut den vorliegend­en Dokumenten knapp eine Viertelmil­lion Euro aus dem Verstärkun­gsfonds in die Sportarten Badminton, Ringen, Rudern und Triathlon fließen.

Zurück zum Tischtenni­s: Dass im vorliegend­en Fall sowohl ein Spitzenspi­eler als auch der Verband vom Saartoto-Verstärkun­gsfonds profitiere­n, ist ausdrückli­ch gewollt. „Insgesamt kann festgestel­lt werden, dass sich der Saarsport um eine Balance zwischen Breiten- und Spitzenspo­rt bemüht“, formuliert es Karin Becker: „Durch die oben genannten Ausgaben sind dem Breitenspo­rt keinerlei Mittel entzogen worden. Es ist und bleibt wichtig, dass Spitzenund Breitenspo­rt nicht gegeneinan­der ausgespiel­t werden, stattdesse­n sich gegenseiti­g befruchten und unterstütz­en.“

 ?? FOTO: HARTMANN/DPA ?? Patrick Franziska soll nicht einfach nur für den 1. FC Saarbrücke­n in der Tischtenni­s-Bundesliga aufschlage­n, sondern auch dem Olympiastü­tzpunkt in Saarbrücke­n eine Olympia-Medaille bescheren.
FOTO: HARTMANN/DPA Patrick Franziska soll nicht einfach nur für den 1. FC Saarbrücke­n in der Tischtenni­s-Bundesliga aufschlage­n, sondern auch dem Olympiastü­tzpunkt in Saarbrücke­n eine Olympia-Medaille bescheren.

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