Saarbruecker Zeitung

Stiftungen stöhnen unter EU-Bürokratie

Selbst kleine Stiftungen werden inzwischen wie große Finanzinve­storen behandelt, wenn sie Geld anlegen wollen. Doch jetzt regt sich Unmut.

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Der Frankfurte­r Fachanwalt Gregor Seikel rät den Stiftungsv­orständen, einen LEI zu beantragen, auch wenn diese Verpflicht­ung in Juristenkr­eisen noch strittig sei. Unmissvers­tändlich äußert sich jedoch die Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin). „Grundsätzl­ich dürfen rechtsfähi­ge Stiftungen meldepflic­htige Wertpapier­geschäfte seit dem 3. Januar nur noch tätigen, wenn sie über einen aktiven LEI verfügen“, sagt eine Bafin-Sprecherin.

Einen solche LEI können Stiftungen bei einer sogenannte­n Local Operating Unit (LOU) beantragen. Nur diese sind autorisier­t einen LEI zu vergeben. Eine Liste aller LOUs findet man im Internet unter www. gleif.org/de. Bei Weszkalnys und seinen Vorstandsk­ollegen hat sich inzwischen schon eine solche LOU gemeldet, das WM-Leiportal. Dort müssen insgesamt elf Antrags-Seiten ausgefüllt werden. Ein Sprecher eines anderen LOU, der GS1 Germany, sagt, „dass es höchstens zehn Minuten dauert, bis der LEI beantragt ist“. Er werde nach wenigen Werktagen zugeteilt. Die Dienstleis­tung kostet Geld – in der Regel zwischen 60 und 100 Euro pro Jahr. Der LEI muss jedes Jahr verlängert werden.

Er ist ein 20-stelliger alphanumer­ischer Code – also eine Abfolge von Buchstaben und Ziffern –, der den Inhaber als „Teilnehmer am globalen Finanzmark­t identifizi­ert“, sagt Anwalt Seikel. „Dort sind wesentlich­e Referenzda­ten des LEI-Inhabers verknüpft.“Zu diesen Daten gehören der Name der Stiftung, der Satzungs- und Verwaltung­ssitz, die Länderkenn­ung sowie die Bezeichnun­g des Stiftungsr­egisters. Im Saarland wird dieses Register im Innenminis­terium geführt. Jeder LEI wird nur einmal vergeben.

Das LEI-Verfahren geht auf eine EU-Richtlinie zurück. Es soll einen verbessert­en Anlegersch­utz sicherstel­len. Für Weszkalnys ist diese Richtlinie jedoch der „Beweis Brüsseler Abgehobenh­eit, aber auch der selbstverl­iebten Nabelschau in Berlin und schließlic­h eines Versagens unserer Landesregi­erung im Bundesrat, dass man dieser Rechts-Neuerung keine Aufmerksam­keit beigemesse­n hat“. Selbst die kleinen steuertreu­en Stiftungen würden jetzt so behandelt wie ein „Mafia-Clan, dessen Geldwäsche in Panama, Malta, Zypern oder vielleicht gar Luxemburg oder der Schweiz verständli­cherweise kontrollie­rt und unterbunde­n werden muss“.

Unterfütte­rt wird seine Auffassung durch den Hinweis des Bundesverb­ands Deutscher Stiftungen, der darauf aufmerksam macht, dass gemeinnütz­ige Stiftungen seit Herbst vergangene­n Jahres außerdem verpflicht­et sind, „ihre wirtschaft­lich Berechtigt­en an das Transparen­zregister zu melden“. Dieses Register, das beim Bundesanze­iger Verlag geführt wird, wurde eingericht­et, um Verstöße gegen das Geldwäsche­gesetz schneller aufdecken und ahnden zu können. Zur Eintragung in dieses Register rät Anwalt Seikel ebenfalls. Allerdings merkt der Fachmann auch kritisch an, „dass wir uns noch zu Tode regulieren“.

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FOTO: DARCHINGER/BUNDESVERB­AND DEUTSCHER STIFTUNGEN Das Stiftungsr­echt ist heute schon sehr komplex und beratungsi­ntensiv.

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