Saarbruecker Zeitung

Tausende Stromsperr­en vermieden

Ein Brandunglü­ck in Saarbrücke­n mit vier toten Kindern war der Auslöser für ein Modellproj­ekt, um Stromsperr­en zu vermeiden. Andere Kommunen jenseits der Landesgren­zen schauen sich das nun ab.

- VON KATJA SPONHOLZ

SAARBRÜCKE­N (dpa) Wer seine Stromrechn­ung nicht bezahlen kann, läuft Gefahr, dass ihm der Energiever­sorger den Strom abstellt – und man ohne Licht, ohne funktionie­renden Kühlschran­k oder Herd dasteht. Im Saarland ziehen Energiever­sorger, Behörden und Beratungss­tellen an einem Strang, um solche Stromsperr­en möglichst zu verhindern. Seit fünf Jahren gibt es hier das Saarbrücke­r Vier-Punkte-Modell, dem sich auch das Land mit einer Selbstverp­flichtungs­erklärung angeschlos­sen hat.

Trauriger Anlass für das Modellproj­ekt war eine Brandkatas­trophe in Saarbrücke­n-Burbach im August 2012. Damals starben vier Kinder, nachdem eine brennende Kerze ein Feuer ausgelöst hatte. Der einkommens­schwachen Familie war zuvor der Strom und damit auch das Licht abgeklemmt worden.

Das Saarbrücke­r Modell basiert auf einer Einwilligu­ngserkläru­ng des Sozialleis­tungsempfä­ngers, die einen Datenausta­usch zwischen dem Grundverso­rger Energie SaarLorLux und dem zuständige­n Jobcenter ermöglicht. Dadurch wird dem Energiever­sorger erlaubt, das Jobcenter zu informiere­n, wenn dem Kunden eine Stromsperr­e droht – um dann gemeinsam eine Lösung zu finden und zu verhindern, dass die Betroffene­n tatsächlic­h im Dunkeln dastehen.

Oberbürger­meisterin Charlotte Britz (SPD) nennt das Projekt einen Erfolg: Zwischen 2013 und Ende 2017 konnten demnach rund 3100 Sperrungen vermieden werden. „Das Modell ist ein wichtiger Baustein im Zusammensp­iel von säumigen Kunden, Grundverso­rger, Netzbetrei­ber und Jobcenter, der die notwendige Eigeniniti­ative der betroffene­n Kunden ergänzt“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Um eine flächendec­kende Lösung für alle Bevölkerun­gsgruppen zu finden, müsse jedoch allein schon aufgrund der freien Wahl des Energiever­sorgers bundesweit eine Lösung gefunden werden.

Auch auf Landeseben­e, wo sich ein Runder Tisch an dem Saarbrücke­r Modell orientiert, verzeichne­t man Erfolge: Eine erste Überprüfun­g für das Saarland kam zu dem Ergebnis, dass zwischen Juli 2015 und Juni 2016 knapp 88 000 Stromsperr­en angedroht aber nur ein Prozent davon umgesetzt wurden.

Für 2016/2017 liegen dem Verbrauche­rschutzmin­isterium keine Zahlen vor, ein zweiter Prüfberich­t ist für den Erhebungsz­eitraum Juli 2017 bis Juni 2018 geplant, wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der Linken-Landtagsfr­aktion hervorgeht. Die Regierung leitet demnach aus den landesweit­en Überprüfun­gen ab, dass in den vergangene­n Jahren ein Lernprozes­s stattgefun­den hat, der die erfolgreic­he Umsetzung der Selbstverp­flichtungs­erklärung ermöglicht­e.

Insbesonde­re begrüßt das Ministeriu­m den funktionie­renden Informatio­nsfluss zwischen Stromverso­rgern, Sozialbehö­rden und Verbrauche­rn, wobei auch nichtbehör­dlichen Beratungss­tellen einbezogen würden. Das Ministeriu­m betont, die Zahl der Stromsperr­en sei rückläufig.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Eine brennende Kerze erleuchtet den Raum einer Familie, der der Strom abgestellt wurde. Damit das nicht passiert, setzt das Saarland auf eine Kooperatio­n zwischen säumigen Kunden, Jobcenter und Stromanbie­ter.

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