Saarbruecker Zeitung

Wegen Facebook allein gibt’s keine Fünf

Schlechte Noten auf dem Zeugnis sind nicht zwingend der Nutzung sozialer Netzwerke geschuldet, sagen Forscher.

- VON CHRISTIANE GLÄSER

WÜRZBURG/BAMBERG (dpa) Zu viel Whatsapp, Facebook und Snapchat führen zu schlechten Noten auf dem Zeugnis – das denken zumindest viele Eltern. Forscher der Universitä­ten Würzburg und Bamberg sind da allerdings anderer Meinung. „Horrorszen­arien über die mutmaßlich fatalen Auswirkung­en von sozialen Netzwerken auf schulische Leistungen sind unbegründe­t“, lautet das Fazit von Markus Appel von der Universitä­t Würzburg.

Mit seinem Team hat der Kommunikat­ionswissen­schaftler und Psychologe die Ergebnisse von 59 Studien zum Zusammenha­ng zwischen der Nutzung sozialer Netzwerke und schulische­n Leistungen ausgewerte­t. Das Ergebnis: Facebook, Whatsapp und Co. könnten die Schulnoten sogar leicht verbessern statt das Zeugnis zu ruinieren, berichten die Forscher in der Fachzeitsc­hrift „Educationa­l Psychology Review“.

Der Abgleich zeigte: Nutzen Schüler soziale Netzwerke, um sich über schulische Themen wie Hausaufgab­en oder Klassenarb­eiten auszutausc­hen, schreiben sie im Schnitt bessere Noten. Dabei kommt es aber sehr auf den Zeitpunkt an. Tauschen sich Schüler erst aus, nachdem sie ihre Hausaugabe­n erledigt haben oder legen sie zwischendu­rch immer wieder den Stift zur Seite und greifen zum Smartphone? Denn während des Lernens auf sozialen Netzwerken zu daddeln, könnte negative Folgen haben. Es verschlech­tert die Leistung leicht. Das gelte auch für Schüler, die generell sehr oft bei Facebook, Snapchat und Instagram unterwegs sind.

Interessan­t sei aber, dass junge Leute trotz intensiver Handynutzu­ng offenbar nicht weniger lernten. So gebe es keinen Beleg für die Annahme, dass die Nutzung sozialer Netzwerke zu Lasten des Lernens gehe, konstatier­t Appel. Der Untersuchu­ng zufolge versäumten Schüler, die besonders häufig auf diesen Online-Diensten unterwegs seien, demnach nicht das Lernen. Möglicherw­eise nutzten die Jugendlich­en mit ihrer Hilfe eher die Phasen, die die frühere Generation vorm Fernseher verbracht habe. Damit hätte die Jugend von heute sogar einen kleinen Vorteil, meint Appel. „Über den Fernseher konnte man sich nicht über Schulaufga­ben austausche­n“. In die Auswertung waren die Daten von fast 30 000 jungen Leuten zwischen 13 und 22 Jahren eingefloss­en.

Einzeln betrachtet zeigten viele der einbezogen­en Studien widersprüc­hliche Ergebnisse, sagte CoAutorin Caroline Marker. Die einen

Markus Appel Julius-Maximilian­s-Universitä­t Würzburg

berichtete­n nur von positiven, die anderen von negativen Auswirkung­en. Manche wiederum konnten überhaupt keinen Zusammenha­ng zwischen sozialen Netzwerke und schulische­n Leistungen erkennen. Noch unklar ist den Wissenscha­ftlern zufolge, ob schlechter­e Schüler eher zu umfassende­r Social-Media-Nutzung neigen oder ob es die intensive Beschäftig­ung mit solchen Netzwerken ist, die zu den leicht schlechter­en Leistungen führt. „Diese Frage können wir nicht beantworte­n, beide Ursache-Wirkungs-Richtungen sind möglich, aber nicht sehr stark ausgeprägt“, erklärt der Psychologe Markus Appel.

Mit einer anderen Auswirkung hatte sich kürzlich eine US-Studie beschäftig­t: Immer mehr Zeit online zu verbringen, bedeute nicht zwingend, sich besser zu fühlen. Am glücklichs­ten seien junge Menschen, die nur knapp eine Stunde täglich online seien, ergab die im Fachmagazi­n „Emotion“vorgestell­te Untersuchu­ng der San Diego State University. Für die, die länger als eine Stunde pro Tag am Bildschirm kleben, sinken die Zufriedenh­eitswerte – ebenso bei denen, die gar keine Digitalmed­ien nutzen dürfen. Auch diese Studie stellte allerdings keinen kausalen Zusammenha­ng her, sondern zeigte nur eine Korrelatio­n. Es bleibt also unklar, ob die Zufriedenh­eit wirklich an die Medien-Nutzung gekoppelt ist oder an andere, damit verbundene Faktoren.

„Horrorszen­arien über die mutmaßlich fatalen Auswirkung­en von sozialen Netzwerken auf schulische Leistungen

sind unbegründe­t.“

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FOTO: DPA Ob sich die Nutzung sozialer Netzwerke negativ auf die schulische­n Leistungen auswirkt, wollten Forscher der Unis Würzburg und Bamberg wissen.

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