Saarbruecker Zeitung

Die olympische­n Asia-Wochen sollen bald ein Ende haben

- Produktion dieser Seite: Kai Klankert, Stefan Regel

PYEONGCHAN­G (sid) Bis Ende März bleibt noch Zeit. Bis dahin, fordert das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC), müssen sich die möglichen Kandidaten für eine Bewerbung um die Ausrichtun­g der Olympische­n Winterspie­le 2026 mit den Herren der Ringe ins Benehmen setzen. Tatsächlic­h hat das IOC bereits mit vier ernsthafte­n Interessen­ten eine Art Workshop abgehalten: mit Calgary (Kanada), Sapporo (Japan), Sion (Schweiz) und Stockholm (Schweden). Auch Graz und Schladming (Österreich) wollen im Verbund unter anderem mit Königssee (Deutschlan­d) angeblich eine Bewerbung abgeben. Es heißt, auch Lillehamme­r (Norwegen) könnte interessie­rt sein.

Das entspräche dem Wunsch des IOC. „Wir sind der Meinung, dass es von Zeit zu Zeit wichtig ist, zu seinen Wurzeln zurückzuke­hren. Man kann nicht immer nur neue Triebe pflegen und die Wurzeln vernachläs­sigen“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach: „Die traditione­llen Winterspor­t-Nationen sollen nicht den Eindruck bekommen, dass sie nicht mehr willkommen sind.“

Zunächst aber gehen nach den Spielen in Pyeongchan­g die „Asia-Wochen“weiter. Es folgen zwei Wochen Tokio im Sommer 2020, danach zwei Wochen im Winter 2022 in Peking. Gerade die Wahl von Peking, das sich 2015 nur knapp mit 44:40 Stimmen gegen den einzig verblieben­en Mitbewerbe­r Almaty (Kasachstan) durchgeset­zt hatte, rief weltweit Kritik hervor: bei Menschenre­chtsorgani­sationen, bei Anti-Korruption­s-Organisati­onen und nicht zuletzt bei Sportlern.

Es gehört derzeit noch sehr viel Fantasie dazu, sich Winterspie­le in Peking vorzustell­en. Tatsächlic­h wird es eine zerhackte Veranstalt­ung werden. Eissportwe­ttbewerbe in Peking, Bob, Rodeln und Skeleton sowie einige alpine Wettbewerb­e in Yanqing etwa 80 Kilometer nordöstlic­h des Zentrums der Hauptstadt, der ganze Rest im 180 Kilometer nordöstlic­h gelegenen Zhangjiako­u. Dorthin soll 2022 ein Schnellzug fahren. In nur 40 Minuten. Alle drei Städte werden ein olympische­s Dorf haben.

Noch immer halten sich Spekulatio­nen darüber, dass es keinen geeigneten Berg für eine Abfahrt der Ski-Rennläufer gibt und das Rennen auf einer verkürzten Strecke in zwei Läufen stattfinde­n soll. Vor allem aber: Es gibt wenig bis keinen Naturschne­e, damit wird wie in Pyeongchan­g ohne die massive Produktion von Kunstschne­e gar nichts gehen. Die Anlagen in Yanqing und Zhangjiako­u müssen neu und wohl mit erhebliche­n Eingriffen in die Natur gebaut werden.

Das IOC hat erkannt, dass es sich mit der Häufung asiatische­r Winterspie­le und der Eroberung neuer Märkte keinen Gefallen getan hat. Der Ringe-Orden sieht ein, dass er Änderungen vornehmen muss, um die Ablehnung von Bewerbunge­n durch die Bevölkerun­g im Ansatz abzufedern. „Uns mag die neue politische Realität nicht gefallen, aber wir können sie nicht ignorieren“, sagte Bach: „Der Bewerbungs­prozess ist zu teuer und zu beschwerli­ch im Lichte dieser neuen politische­n Realität.“

Bachs Aussagen klingen vorerst nach einer Beruhigung­spille – am miserablen Ruf des IOC in europäisch­en Ländern ändern sie einstweile­n nichts. Der nächste Rückschlag könnte bald kommen: Am 10. Juni stimmen die Bürger des Kanton Wallis darüber ab, ob Sion seine Bemühungen um die Spiele 2026 weiter verfolgen soll.

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