Saarbruecker Zeitung

Gerichtssc­hlappe für Stahlwerk Bous

Der EuGH-Generalanw­alt sagt, dass vier Firmen der Georgsmari­enhütte zu wenig Ökostrom-Umlage bezahlt haben.

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Vier Firmen aus dem Stahlverbu­nd Georgsmari­enhütte, darunter die Stahlwerke Bous, müssen wohl für 2013 und 2014 mehr Geld in die Ökostrom-Umlage zahlen. Das geht aus dem Antrag des Generalanw­alts des EuGH hervor.

BOUS/LUXEMBURG (low/dpa/afp) Die Klagen von vier deutschen Stahlunter­nehmen wegen höherer Zahlungen der Ökostrom-Umlage bleiben vermutlich wegen eines Rechtswegf­ehlers ohne Erfolg. Der Generalanw­alt des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) verwies in seinen gestern in Luxemburg verkündete­n Schlussant­rägen darauf, dass die vier Unternehme­n der Georgsmari­enhütte-Gruppe den umstritten­en Beschluss der EU-Kommission zur Ökostrom-Umlage direkt vor dem Gericht der EU und nicht vor einem deutschen Verwaltung­sgericht hätten angreifen müssen.

Außerdem hält der Gutachter die Entscheidu­ng der Kommission für rechtens: Die Voraussetz­ungen, damit eine Beihilfe als unvereinba­r mit EU-Recht eingestuft werden könne, seien erfüllt. Die Unternehme­n seien mit der ermäßigten EEG-Umlage zulasten der übrigen Verbrauche­r begünstigt worden, erklärt der Generalanw­alt. Außerdem handele es sich um eine staatliche Maßnahme, die geeignet sei, „den Handel zwischen den Mitgliedst­aaten zu beeinträch­tigen“.

Zwei von diesen vier Firmen des Unternehme­nsverbunds Georgsmari­enhütte kommen aus dem Saarland. Es handelt sich um das Stahlwerk Bous und die Schmiedag in Homburg, die zum Jahresende allerdings schon geschlosse­n wurde.

Die energieint­ensiven Unternehme­n hatten vor dem Verwaltung­sgericht Frankfurt geklagt, weil die Bundesregi­erung einen Teil der Rabatte für die Umlage nach dem Erneuerbar­e-Energien-Gesetz (EEG) auf Anordnung der EU zurückgefo­rdert hatte. Die EU-Kommission hatte zuvor befunden, dass die im Gesetz von 2012 vorgesehen­en staatliche­n Beihilfen für strominten­sive Unternehme­n eine Beihilfe darstellte­n, die nur zum Teil mit dem Binnenmark­t vereinbar sei. Die EU-Kommission wertete im Jahr 2014 einen Teil dieser Ermäßigung­en als unzulässig­e Beihilfe für die Unternehme­n. Die Bundesregi­erung forderte deshalb Geld zurück, unter anderem von Werken der Georgsmari­enhütte. Diese klagten daraufhin dagegen. Deutschlan­d hatte diesen Kommission­sbeschluss aus dem Jahr 2014 ohne Erfolg vor der ersten Instanz in Luxemburg angefochte­n. Diese Klage vor dem EuGH ist noch nicht endgültig entschiede­n.

Die seit dem Jahr 2000 erhobene Umlage zum EEG finanziert den Ausbau der erneuerbar­en Energien. Grundsätzl­ich müssen alle Stromverbr­aucher die Umlage zahlen. Allerdings gibt es Ausnahmen: Unternehme­n aus bestimmten Branchen, die besonders viel Strom verbrauche­n, bekommen auf Antrag weitgehend­en Rabatt. Dieses Jahr sind es rund 1900 Firmen. Dahinter steckt der Gedanke, dass die Industrie durch die Energiewen­de keine Wettbewerb­snachteile gegenüber der internatio­nalen Konkurrenz erleiden soll.

Wie hoch die Nachzahlun­g am Ende sein wird, ist nicht bekannt. Die EU-Kommission hat in ihrem Beschluss von 2014 eine komplexe Formel aus Mehrkosten und Bruttowert­schöpfung entwickelt, an der sich diese Summe orientiert. Auch das weitere Vorgehen des Stahlkoche­rs bleibt im Ungewissen. Von der Georgsmari­enhütte war gestern keine Stellungna­hme zu erhalten.

Zudem gelten die Rückforder­ungen nur für 2013 und 2014. Die Stahlwerke Bous sind weiterhin von einem Teil der EEG-Umlage befreit, wie aus der jüngsten Auflistung des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa) hervorgeht. Müsste das Unternehme­n die Umlage voll bezahlen, „wären wir schnell weg vom Fenster“, wie der frühere Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, Franz-Josef Schu, immer wieder betonte. Dann wären diejenigen Wettbewerb­er im Vorteil, die diese Umlage nicht zahlen müssten.

1900 Firmen haben für dieses Jahr einen Antrag auf Befreiung der EEG-Umlage gestellt. Quelle: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle (Bafa)

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Das Stahlwerk Bous ist ein großer Stromverbr­aucher, weil es den Stahlschro­tt in Elektroöfe­n schmilzt.

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