Saarbruecker Zeitung

St. Ingberter Ex-OB vor Pensions-Verlust

Weil er wegen Vorteilsna­hme verurteilt ist, klagt das Landesverw­altungsamt gegen Zahlungen an Georg Jung (CDU).

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARLOUIS (mju) Dem früheren St. Ingberter Oberbürger­meister Georg Jung (CDU) soll das Ruhegehalt aberkannt werden. Ein Sprecher des Verwaltung­sgerichtes bestätigte, dass das Landesverw­altungsamt eine Disziplina­rklage eingereich­t hat. Anlass ist Jungs Verurteilu­ng wegen Vorteilsna­hme und Untreue.

ST. INGBERT/SAARLOUIS Im Juli 2012 musste Georg Jung (CDU) nach verlorener Urwahl sein Amt als Oberbürger­meister der Stadt St. Ingbert an seinen Nachfolger Hans Wagner abgeben. Acht Jahre war Jung (heute 54) zuvor in Amt und Würden als Chef im Rathaus und oberster Repräsenta­nt der Mittelstad­t. Zuvor fungierte er von Januar 2003 bis Juli 2004 als Bürgermeis­ter. Der Abschied aus der Chefetage fiel ihm damals sicher schwer, wurde aber finanziell mit einer stattliche­n Pension erleichter­t. Der OB wurde immerhin in der Besoldungs­gruppe B 5 (Grundgehal­t heute über 8000 Euro brutto) bezahlt. Und Jurist Jung war vor seinem Wechsel nach St. Ingbert bereits als Beamter in Thüringen und im Saar-Umweltmini­sterium aktiv. Seit Sommer 2012 ist der Ex-OB, so heißt es offiziell, nicht mehr erwerbstät­ig. Er erhält ein an seinem früheren Amtsgehalt orientiert­es Ruhegehalt. Bislang unbefriste­t. Nach SZ-Informatio­nen handelt es sich dabei derzeit um rund 4000 Euro netto. Wobei diese Pension offenbar seit Dezember um zehn Prozent gekürzt worden sein soll.

Mit der Dauer-Pension für Ex-OBJung soll es bald vorbei sein – wenn es nach den Vorstellun­gen der Disziplina­rbehörde, dem Landesverw­altungsamt geht. Das dem Innenminis­terium unmittelba­r unterstell­te Amt mit Sitz am St. Ingberter Markt hat beim Verwaltung­sgericht jetzt eine so genannte Disziplina­rklage gegen den Ruhestands­beamten Jung eingereich­t und beantragt, „dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkenn­en“. Dies bestätigte Christoph Schmit, Pressespre­cher des Verwaltung­sgerichts, auf SZ-Anfrage.

Hintergrun­d der Disziplina­rsache Jung ist eine rechtskräf­tige Verurteilu­ng des Ex-OB wegen Vorteilsan­nahme (Korruption­sdelikt) in vier Fällen und einem Fall der Untreue. Das Landgerich­t Saarbrücke­n sprach im Juli 2014 deswegen gegen Jung eine Gesamtgeld­strafe von 300 Tagessätze­n zu jeweils 50 Euro (15 000 Euro) aus. Der Bundesgeri­chtshof wies die Revision gegen dieses Urteil Anfang 2015 zurück. Und mit diesem Zeitpunkt lebte das seit Beginn der strafrecht­lichen Ermittlung­en durch die Staatsanwa­ltschaft ruhende Disziplina­rverfahren wieder auf. Dutzende Schriftsät­ze und Berichte wurden erstellt, bis Anfang Februar die Disziplina­rklage an das Gericht adressiert wurde.

Die Disziplina­rermittler sind an das strafrecht­liche Urteil gebunden. Und darin ist festgehalt­en, dass Jung als amtierende­r Oberbürger­meister von Firmen, die mit der Stadtverwa­ltung in Kontakt standen, Spenden für einen Verein angeworben hat. Konkret ging es um Spenden in Höhe von 455 000 Euro für den „Verein zur Förderung der sozialen und kulturelle­n Belange der Mittelstad­t St. Ingbert“, der wiederum unter dem Einfluss des OB stand. Die Spenden kamen von einem Reifenhers­teller, einem Baumarkt, der sich in St. Ingbert ansiedelte, und in zwei Fällen von einer Beratungsf­irma. Zwei weitere Spenden über jeweils 125 000 Euro wurden in dem Urteil wegen Verjährung nicht berücksich­tigt. Untreue in Höhe von 31 237,50 Euro kreidete die Wirtschaft­sstrafkamm­er Jung an, weil er zum Nachteil der Erich-Ferdinand-Bläse-Stiftung für Wohlfahrts­pflege ein teures Gutachten bei einem Münchner Rechtsanwa­lt quasi in eigener Sache in Auftrag gegeben hatte und die Stiftung bezahlen ließ. Es ging darum, ob Jung auch nach seinem Ausscheide­n aus dem Amt, Stiftungsc­hef hätte bleiben können.

Aus Sicht der Disziplina­rermittler hat Jung bei den Spenden vorsätzlic­h gegen seine Pflicht zur uneigennüt­zigen Amtsführun­g und gegen das Verbot zur Annahme von Belohnunge­n verstoßen. Auch mit der Untreue habe er in einem hervorgeho­benen Amt ein schweres Dienstverg­ehen begangen, was entspreche­nd geahndet werden müsse.

Professor Guido Britz, der Jung als Anwalt vertritt, betont, sein Mandant habe durch die Spenden „keine persönlich­en Vorteile“gehabt. Bei dem Rechtsstre­it vor dem Verwaltung­sgericht „geht es um eine grundsätzl­iche Fragestell­ung“. Nach Auskunft des Gerichtes ist mit einer Verhandlun­g in diesem Jahr voraussich­tlich nicht mehr zu rechnen.

„Beantragt wird, dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkenn­en.“

Christoph Schmit

Sprecher des Verwaltung­sgerichtes

 ?? ARCHIVFOTO: BECKER&BREDEL ?? Amtsinhabe­r Georg Jung (CDU) unterlag am 6.November 2011 bei der Wahl zum Oberbürger­meister in St. Ingbert seinem Herausford­erer Hans Wagner (Parteilos).
ARCHIVFOTO: BECKER&BREDEL Amtsinhabe­r Georg Jung (CDU) unterlag am 6.November 2011 bei der Wahl zum Oberbürger­meister in St. Ingbert seinem Herausford­erer Hans Wagner (Parteilos).

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