Saarbruecker Zeitung

„Wir sind mit Vollgas gegen die Wand gefahren“

Können Diesel-Fahrverbot­e doch noch verhindert werden? Und wenn ja, wie? Durch Hardware-Nachrüstun­g, sagt der Autoexpert­e.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE HAGEN STRAUSS.

ESSEN Für den Automobile­xperten Ferdinand Dudenhöffe­r ist das Leipziger Urteil zum Diesel vor allem eine Klatsche für die Bundesregi­erung. Dieselbesi­tzer würden nun ihre Fahrzeuge erst recht nicht mehr verkaufen können.

Herr Dudenhöffe­r, was bedeutet das Leipziger Urteil für den Diesel?

DUDENHÖFFE­R Der Restwert eines Diesels wird jetzt weiter in den Keller rauschen. Und für jeden Fahrzeugbe­sitzer wird es nun noch schwerer werden, seinen Diesel überhaupt noch zu verkaufen. Deshalb ist meine große Aufforderu­ng an die Autobauer, aber auch an die Regierung, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und die Hardware-Nachrüstun­g auf den Weg zu bringen. Ansonsten erzeugt man weiter große Schäden.

Sollte es für die Nachrüstun­g staatliche Prämien geben?

DUDENHÖFFE­R Wir haben einen sehr konkreten Vorschlag für die Finanzieru­ng: Wir erhöhen die Dieselsteu­er auf das Niveau der Benziner, nehmen die Mehreinnah­men und schenken den Leuten die Nachrüstun­g. Dann wären alle Probleme gelöst. Der Diesel wäre gleichbere­chtigt und nicht mehr bevorzugt zum Benziner; die Besitzer würden keine weiteren Restwerte-Verluste erleiden und wir würden Dieselfahr­verbote umgehen. Die Autobauer müssen die Hardware-Nachrüstun­g freilich auch auf den Weg bringen wollen und entspreche­nd zertifizie­ren.

Was kostet eine Hardware-Nachrüstun­g?

DUDENHÖFFE­R Um die 2000 Euro, es können auch 3000 Euro sein. Das kommt auf das Fahrzeug an.

Ist das Urteil nicht auch eine Klatsche für die deutsche Automobili­ndustrie?

DUDENHÖFFE­R Das Urteil ist zuallerers­t eine Klatsche für Berlin. Die Bundesregi­erung ist seit acht Jahren untätig. Sie hat dadurch die Kommunen in die schwierige Situation gebracht, dass sie die Fahrverbot­e nun umsetzen müssen.

Aber verstärkt der Leipziger Richterspr­uch nicht auch den Vertrauens­verlust in VW, Daimler & Co?

DUDENHÖFFE­R Da gibt es nicht mehr viel zu verstärken. Der Vertrauens­verlust ist ohnehin schon groß. Fakt ist doch: Die Autobauer verlieren, die Kunden verlieren, Berlin verliert. Wir sind mit Vollgas gegen eine Wand gefahren. Und keiner hat in den letzten Jahren versucht, hier etwas ins Lot zu bringen. Stattdesse­n wurde gemauschel­t und getrickst.

Es gab allerdings diverse Dieselgipf­el…

DUDENHÖFFE­R…das waren Erzählrund­en. Aber mehr nicht. Im Endeffekt hat der Kunde von diesen Treffen nicht viel gehabt. Dass Ende vom Lied ist, dass in einem halben Jahr die ersten Fahrverbot­e in großen Städten kommen werden. Und das für Millionen-Dieselfahr­er.

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FOTO: SCHÜRMANN/DPA Automobile­xperte Ferdinand Dudenhöffe­r.

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