Saarbruecker Zeitung

Der Posten mit der „Torte im Gesicht“

Sollte eine Neuauflage der großen Koalition zustande kommen, wird Jens Spahn (CDU) Gesundheit­sminister. Was kommt auf ihn zu?

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Branche halten. Das funktionie­rt aber nur unter bestimmten Bedingunge­n. Und die sind laut Arbeitsres­sort im Pflegebere­ich nicht gegeben. Denn die Tariflands­chaft gleicht einem Flickentep­pich. Die öffentlich­en Arbeitgebe­r vergüten anders als AWO, DRK oder die Kirchen. Häufig gibt es aber auch gar keine Tarifvertr­äge. Und schon gar nicht einen repräsenta­tiven Tarifvertr­ag, den man auf die gesamte Branche erstrecken könnte, heißt es im Arbeitsmin­isterium. Hier wird Spahn noch dicke Bretter bohren müssen.

Das gilt auch für das Vorhaben, die „Zwei-Klassen-Medizin“einzudämme­n. Stein des Anstoßes sind vor allem die kürzeren Wartezeite­n auf einen Arzttermin von Privatvers­icherten. Spahn versprach gestern, für eine Angleichun­g zu sorgen und dabei auch „über die Vergütung der Ärzte für Kassenpati­enten“zu sprechen. Hintergrun­d ist, dass die Behandlung von Privatpati­enten besser bezahlt wird. Würde dieses Niveau zum Maßstab auch bei gesetzlich Versichert­en, dürfte der Aufschrei von AOK, Barmer & Co allerdings nicht lange auf sich warten lassen. Schließlic­h müssten sie die Zeche zahlen – oder die Beiträge erhöhen. Und Spahn hat noch eine weitere Frontlinie eröffnet: Er sieht „massiven Reformbeda­rf“bei der privaten Krankenver­sicherung (PKV ), weil die Beiträge dort besonders für Ältere massiv steigen. Die SPD hat jedoch keinerlei Interesse an einer Stärkung der PKV. Dergleiche­n ist im Koalitions­vertrag auch nicht vorgesehen. Ganz im Gegenteil. Die darin fixierte Zugangserl­eichterung für Selbststän­dige zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung mittels einer Halbierung ihres Mindestbei­trags dürfte dazu führen, dass der PKV noch mehr potenziell­e Kunden verloren gehen.

Bleibt noch ein grundlegen­des Problem. Die geplanten Verbesseru­ngen werden Milliarden kosten. Allein die Absenkung des Mindestbei­trags für Selbststän­dige schlägt pro Jahr mit rund 750 Millionen Euro zu Buche. Hinzu kommen Mehraufwen­dungen für die 8000 zusätzlich geplanten Pflegekräf­te, eine bessere Honorierun­g der ambulanten Pflege oder die Erhöhung der Festzuschü­sse für Zahnersatz. Trotz solider Rücklagen ist daher eine Anhebung des Krankenkas­sen- und Pflegebeit­rags bis zum Ende der Wahlperiod­e wohl unausweich­lich. Zumal dann auch die kostenträc­htigen Reformen der vergangene­n vier Jahre voll durchschla­gen. Aus Sicht der Wirtschaft verteuern sich die Lohnnebenk­osten damit noch mehr. Und die kann bekanntlic­h auch gut mit Torten werfen…

Wird der künftige Gesundheit­sminister

die „Zwei-KlassenMed­izin“eindämmen

können?

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