Saarbruecker Zeitung

Planspiel macht angehende Erzieher fit für Alltag

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SAARBRÜCKE­N (tap) Acht junge Menschen sitzen um einen Tisch, die Spannung ist deutlich spürbar. „Was soll das Ganze? Ich kann mit meinen Kindern machen was ich will!“, wird gegiftet. „Herr Klein, wir nehmen Ihnen Ihre Kinder nicht weg, wir haben sie in Obhut genommen, weil wir einen Schutzauft­rag haben“, folgt die Erklärung von der anderen Seite des Tischs.

Es ist der Abschlusst­ag des Planspiels, das die angehenden Erzieher des Oberkurses der Katholisch­en Fachschule für Sozialpäda­gogik (KFS) in Saarbrücke­n vergangene Woche über drei Tage hinweg herausgefo­rdert hat: Ob Kinder, Jugendlich­e, Lehrer, Eltern, Erzieher oder Jugendamt – sie schlüpften in alle Rollen, die daran beteiligt sind, ein Kind oder Jugendlich­en aus einer misshandel­nden Familie in eine Heimeinric­htung zu bringen. „Es ist wichtig diese praktische­n Übungen zu haben, weil sie die Handlungsk­ompetenzen der Schüler verbessern, damit sie mit dem Gefühl ‚Ich kann das‘ hinausgehe­n“, so Mechthild Denzer, Schulleite­rin der KFS.

Zuerst nimmt der Lehrer Probleme in der Familie des Kindes wahr, dann schaltet er das Jugendamt ein. Es kommt zur Übernahme des Kindes in ein Kinder- oder Jugendheim, anschließe­nd findet ein Gespräch mit allen Beteiligte­n statt. Gemeinsam werden Ziele festgelegt, die erreicht werden sollen. An erster Stelle steht das Kindeswohl.

Die Schüler nehmen das Spiel ernst, zeigen Mitgefühl in ihren Rollen, auch wenn der Perspektiv­enwechsel eine Herausford­erung darstellt. „Ich finde meine Rolle schrecklic­h, meine Kinder tun mir richtig Leid“, sagt Tanja Gummel, die über drei Tage einen misshandel­nden Vater gespielt hat. „Wir sind die Anwälte der Kinder und wir können nur dann gut sein, wenn wir spüren, wie es ihnen geht. Deshalb muss die Empathie viel Platz einnehmen“, betont der stellvertr­etende Schulleite­r Jörg Schöpp.

Auch der Unterkurs hat sich in der vergangene­n Woche behaupten müssen. Spontanes Fangenspie­len im Kaufhof, Passanten ansprechen, mit Grenzen spielen, seien die Aufgaben der ‚Spieltage‘, erklärt die Schulleite­rin. „Da geht es um die Courage, sich in sozialen Situatione­n auffällig ohne Verletzung anderer bewegen zu können und die eigenen Komfortzon­en zu verlassen.“

Praxiserfa­hrung wird an der KFS großgeschr­ieben. „Die Schule bietet eine endloses Repertoire an praktische­n Methoden“, berichtet Yann Diehl. Und das sei auch gut so, denn pädagogisc­he Handlungss­trategien in komplexen Situatione­n könne man nicht aus einem Buch lernen.

Derzeit läuft die Bewerbungs­phase für Vor- und Unterkurse. Wer sich für die Rechte von Kindern und Jugendlich­en einsetzen will, auf den wartet die KFS, die einen Einstieg in das Berufsfeld des Sozialpäda­gogen bietet.

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