Saarbruecker Zeitung

Gotha? Nein Goutha

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Was doch so ein paar harmlose Buchstaben ausmachen können. Seit Tagen schon versuche ich, nicht hinzuschau­en, wenn ich in Radio oder Fernsehen Nachrichte­n aus Gotha höre. So schlimme Dinge passieren da. Kinder, Frauen, Männer werden verletzt, getötet, ihre Welt wird in Schutt und Asche gelegt. Ein gnadenlose­r Bürgerkrie­g wütet, so schlimm, dass die Vereinten Nationen keine Worte mehr dafür finden.

Während ich also versuche, diese Bilder nicht zu sehen, weil ich sonst nicht schlafen kann, lese ich trotzdem gerne ein bisschen im Internet, man hat ja viele „Freunde“dort. Leider lande ich trotz sorgfältig­er Auswahl meiner Kontakte, doch immer wieder mal bei gemeinen Kommentare­n zur sogenannte­n Flüchtling­skrise - ein Wort, das ich nicht leiden kann, weil es suggeriert, dass Meschen, die flüchten, weil sie Hilfe brauchen, etwas Böses tun.

Diese Leute gruseln mich, die sich da in ihren warmen, friedliche­n Wohnzimmer­n über die Computer-Tastatur beugen und wütend schreiben, dass Menschen, die vor Krieg und Hunger geflohen sind, uns alles wegnehmen, nicht hierher gehören und überhaupt weniger wert sind.

Aber vor allem vergessen diese Schreiber eine Kleinigkei­t: Tatsächlic­h tobt der Krieg gerade ja nicht in Gotha, sondern im syrischen Ghouta. Aber wer sagt denn, dass die Geschichte nicht irgendwann zwei Buchstaben vertauscht? Und plötzlich brauchen wieder Menschen aus Thüringen Hilfe?

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