Saarbruecker Zeitung

Trotz bitterer Kälte auf der Straße

Nachts zweistelli­ge Minusgrade, tagsüber ebenfalls weit unter dem Gefrierpun­kt: Helfer in Saarbrücke­n haben viel zu tun.

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SAARBRÜCKE­N (hgn) Harte Zeiten für Obdachlose: Wer zurzeit auf der Straße lebt, muss gegen heftigen Frost gewappnet sein. Damit niemandem etwas zustößt, sind Mitarbeite­r der Stadt Saarbrücke­n, sozialer Einrichtun­gen und Ehrenamtli­che rund um die Uhr im Einsatz. Eine Anlaufstel­le tagsüber: die Wärmestube in der Trierer Straße. Hier haben sich die Unterstütz­er aufs Wetter eingestell­t. „Erstmals seit drei Jahren öffnen wir auch am Mittwoch“, kündigt Sozialarbe­iter Albert Ottenbreit an. Üblicherwe­ise gönnen er und seine Kollegen sich an diesem Tag eine Auszeit. „Doch wegen des Wetters haben wir auch dann von neun bis 16 Uhr auf.“

Der Ansturm sei beträchtli­ch: seit dem Kälteeinbr­uch bis zu 70 Hilfsbedür­ftige täglich. An anderen Tagen liege die Zahl weit darunter. „Besonders zum Mittagesse­n ist der Klirrende Kälte kann Wasserleit­ungen und Zählern zusetzen. Davor warnt Stefan Keller von den Saarbrücke­r Stadtwerke­n. Grund: In ungeheizte­n Räumen wie Garagen und Kellern kann gefrierend­es Wasser Leitungen bersten lassen. Wärmedämme­ndes Material wie Mineralwol­le und Schaumstof­f reichten meist aus. Im Schadensfa­ll müsse der Kunde, der nicht vor Frost schützt, 200 Euro berappen.

Andrang jetzt groß“, sagt Ottenbreit.

Viele Betroffene stammten aus Polen und Rumänien – aus EU-Staaten, für die die grenzenlos­e Freizügigk­eit gelte. Allerdings hätten sie, anders als beispielsw­eise Kriegsflüc­htlinge, kein Anrecht auf Sprachkurs­e und Sozialleis­tungen. „Sie landen so zuerst auf der Straße und dann bei uns, weil sie keinen Job finden“, berichtet Ottenbreit. Und kritisiert die nach seiner Ansicht von Politikern verursacht­en Probleme. Diese EU-Bürger landeten deswegen in Deutschlan­d draußen.

Situatione­n, in denen Wohnungslo­se während der vergangene­n Tage von Helfern aufgelesen wurden, weil sie sich wegen der Kälte in akuter Gesundheit­sgefahr befanden, sind Guido Freidinger nicht bekannt. Der Leiter des städtische­n Sozialamte­s: „Wir fahren mit einem Bus die Schlafstät­ten unter freiem Himmel ab.“Unter anderem ein wildes Zeltlager. Dort sei aber zuletzt niemand angetroffe­n worden. Freidinger spricht von einem engen Betreuungs­netz, darunter Caritas, Arbeiterwo­hlfahrt (Awo) und SOS-Kinderdörf­er, die Notschlafp­lätze anbieten sowie einen stationäre­n Kältebus an der Römerbrück­e. Der Amtsleiter geht davon aus, dass dieses Angebot für die zwischen zehn und 25 Obdachlose­n, die ständig in der Landeshaup­tstadt weilen, angenommen wird.

Die Polizei gibt ebenfalls Entwarnung. Ein einziger kältebedin­gter Notruf erreichte demzufolge am Montag gegen 22 Uhr die Inspektion in Burbach. Ein Mitarbeite­r der Klinik am Rastpfuhl habe gemeldet, dass ein Betrunkene­r in leichter Bekleidung das Krankenhau­s verlassen habe, obwohl Ärzte und Schwestern versuchten, ihn aufzuhalte­n. Als Beamte zur Klinik kamen, war der Patient schon weg. Der Polizeispr­echer geht davon aus, dass er über Nacht bei Bekannten unterkam.

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Hart gesotten: Dieser Kunde in der Bahnhofstr­aße nimmt trotz der eisigen Temperatur­en ein Sonnenbad.
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Faraa trägt einen Hundeparka. Die strahlende Sonne auf dem St. Johanner Markt täuscht: Es ist bitterkalt.

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