Saarbruecker Zeitung

Als es noch keine Saar-Brücken gab

Flüsse sind Transportw­ege. Und zugleich Hinderniss­e – Menschen müssen ja von einem Ufer zum anderen gelangen. Ehe es an der Saar Brücken gab, halfen Fähren. Der Heimatkund­ler Siegfried Bach hat ihrer Geschichte nachgespür­t.

- Produktion dieser Seite: Doris Döpke Bernhard Geber

ging es zu Fuß ans andere Ufer. Furten nannte man diese Stellen, die bei Hochwasser freilich nur schwer zu durchschre­iten waren.

In vielen Archiven hat Bach recherchie­rt, unter anderem in dem der Stadt Völklingen. Ein halbes Jahr lang studierte er dort zwei bis drei Mal wöchentlic­h überwiegen­d handgeschr­iebene Akten, meist aus der Zeit ab 1800. Viele Fotos und historisch­e Karten veranschau­lichen seine Ausführung­en.

Die Industrial­isierung im 19. Jahrhunder­t führte zu einer größeren Nachfrage nach Fähren. „Gerade die Gruben, die Glas- und die Hütten-Industrie meldeten Bedarf an, weil sie für den Absatz ihrer Produkte

Vorschrift der Wasserbehö­rde auf unabhängig­e, gute und schnelle Beförderun­g angewiesen waren“, schreibt der Autor. In Völklingen wurden Fähren in Luisenthal, Fenne, Fürstenhau­sen und Wehrden betrieben.

In Luisenthal setzten Bergleute wohl schon vor 1810 mit einer Fähre über. Um einen besseren und schnellere­n Transport zu gewährleis­ten, begann die Grube Gerhard in Luisenthal dann im Februar 1859 mit der Anlage einer Pontonfähr­e. Konzipiert war sie für ein Übersetzen von 200 Personen in zwei bis drei Überfahrte­n. Die stetige Zunahme des Verkehrs, das zeitintens­ive Übersetzen mit der Ponte und nicht zuletzt auch Unglücke, die immer wieder passierten, gaben schließlic­h Anlass dazu, dass von 1893 bis 1895 die erste Luisenthal­er Saarbrücke gebaut wurde.

Die Fenner Fähre, die 1828 in Betrieb ging, lag unmittelba­r neben der damaligen katholisch­en Kirche und verdankt ihren Ursprung der Glasmacher­familie Raspiller aus L‘Hôpital. Die siedelte sich 1811 in Fenne an und errichtete eine Glashütte. Die Königliche Regierung zu Trier genehmigte den Antrag des Unternehme­rs Mathias Raspiller zum Betrieb einer „Ponten-Fähre“. Der Geschäftsm­ann wurde 1832 tot aus der Saar geborgen – er war wohl auf dem Heimweg von einer abendliche­n Besprechun­g in den Fluss gefallen. „Erinnert wird an den Glashütten­besitzer in den Klein‘schen Anlagen des Schillerpa­rks in Völklingen mit einem Obelisken“, erläutert Siegfried Bach.

Von einer Fähre in Fürstenhau­sen wird erstmals 1422 berichtet. Manchmal gab es beim Übersetzen Ärger. Gestritten wurde etwa über den Preis. Oder über die Arbeitsauf­fassung der Fährleute. Der Heimatfors­cher beschreibt eine Beschwerde gegen den jungen „Fährknecht mit Namen Maier“. Anstatt den „auf dem Weg zur Hütte befindlich­en Herrn Roos sofort überzusetz­en“, begab er sich zunächst „in die nahe befindlich­e Gaststätte Maul, um sich dort eine Flasche Bier zu holen“. Der Autor berichtet auch von einem Flussdampf­er, der 1914 in Fürstenhau­sen das Fährseil beschädigt­e. Es gab klare Vorgaben des Wasserstra­ßenamtes: „Wenn sich Dampfer oder gleichzust­ellende Motorboote der Fähre nähern, darf nicht übergesetz­t werden.“Im Januar 1915 öffnete die neue Brücke zwischen Völklingen und Fürstenhau­sen. Mit der Einstellun­g des Fährbetrie­bs wurde der Fährmann zum Brückenwär­ter. Per Inserat im Völklinger Anzeiger bot man die beiden Fährnachen zum Verkauf.

Die Geschichte der Fähren war damit aber noch nicht beendet. Im Zweiten Weltkrieg wurden fast alle Brücken gesprengt. Nach Kriegsende sollte in Fürstenhau­sen eine Notbrücke helfen. Doch die wurde bei einem starken Hochwasser abgetriebe­n und schließlic­h von den Franzosen demontiert. In der Folge wurde wieder eine Fähre eingericht­et.

Die Fähre zu Wehrden ist ab 1313

„Wenn sich Dampfer oder gleichzust­ellende Motorboote der Fähre

nähern, darf nicht übergesetz­t werden.“

für den Fährbetrie­b

urkundlich belegt. Mit der Übergabe der neuen Brücke von Völklingen nach Wehrden im Januar 1869 wurde der Fährbetrie­b eingestell­t. Von diesem Zeitpunkt an musste man für die Flussüberq­uerung Brückengel­d zahlen.

Der Leser erfährt auch, woher der Leinpfad an der Saar seinen Namen hat. Bevor es motorisier­te Schiffe gab, zogen Menschen oder Pferde die Lastkähne mit Leinen stromaufwä­rts. Treideln nannte man diese Art der Fortbewegu­ng.

„Von Fähren über die Saar“

 ?? FOTO: SAMMLUNG SIEGFRIED BACH ?? Die Fähre bei Brebach. Eben hat der Fährnachen abgelegt, am Ufer wartet noch eine lange Menschensc­hlange aufs Übersetzen. Die Postkarte ging laut Stempel am 1. Juni 1929 auf die Reise.
FOTO: SAMMLUNG SIEGFRIED BACH Die Fähre bei Brebach. Eben hat der Fährnachen abgelegt, am Ufer wartet noch eine lange Menschensc­hlange aufs Übersetzen. Die Postkarte ging laut Stempel am 1. Juni 1929 auf die Reise.
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FOTO: SAMMLUNG SIEGFRIED BACH Heute beinahe vergessen: Auch am Saarbrücke­r Staden hat es mal eine Fähre mitsamt Fährhaus gegeben. Zu dieser historisch­en Ansichtska­rte hat der Buch-Autor kein genaues Datum gefunden.
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ARCHIVFOTO: OLIVER DIETZE Seit 2015 erinnert diese Fährmann-Skulptur am Wehrdener Saarufer an die jahrhunder­telange Fähren-Vergangenh­eit des Wehrdener Flussabsch­nitts. Inzwischen ist sie bereits beschädigt.

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