Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Fußballer klagt nach Amputation

Anwalt des St. Arnualers Stefan Schmidt reicht Klage gegen Ärzte am Evangelisc­hen Krankenhau­s in Saarbrücke­n ein.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

SAARBRÜCKE­N Sein Leben stand nach einem folgenschw­eren Sportunfal­l in St. Arnual auf der Kippe. Nachdem er am 24. Mai vergangene­n Jahres mit dem Torwart der gegnerisch­en Mannschaft SV Schafbrück­e so unglücklic­h zusammenge­prallt war, dass er einen Unterschen­kelbruch am rechten Bein erlitt. Erhebliche Komplikati­onen schlichen sich nach der ersten Operation ein. Er musste in der Folge zigmal unters Messer. Doch der Unterschen­kel des heute 24 Jahre alten Spielers war nicht mehr zu retten.

Das wäre zu vermeiden gewesen, sagt Marc Herbert. Der Saarbrücke­r Anwalt vertritt Schmidt und ist felsenfest davon überzeugt, dass sein Mandant wegen Ärztepfusc­hs für sein Leben gezeichnet ist. „Das Bein wäre bei sachgemäße­r Behandlung zu retten gewesen.“Dies belegten ärztliche Gutachten, die er im Namen des jungen Mannes in Auftrag geben ließ.

Darum reicht Herbert am heutigen Donnerstag, neun Monate nach dem Unfall, beim Saarbrücke­r Landgerich­t Klage gegen Ärzte und Führungspe­rsonal des Evangelisc­hen Krankenhau­ses in der Landeshaup­tstadt ein, um Schmerzens­geld für den Sportler herauszusc­hlagen. Das wäre als Wiedergutm­achung das Mindeste, sagt Herbert. Denn sein Bein wird dem leidenscha­ftlichen Fußballspi­eler, der in der Kreisliga A Halberg für den FC St. Arnual auf dem Platz stand, niemand mehr zurückgebe­n können.

Die Vorwürfe in der mehr als 20-seitigen Klage-Entwurfsch­rift, die der Saarbrücke­r Zeitung vorliegt, wiegen schwer. Darin schreibt er von „grob fehlerhaft­er, rechtswidr­iger und schuldhaft­er ärztlicher Behandlung“. Mediziner seien mit Fall und Diagnose überforder­t gewesen. Warnhinwei­se seitens des Patienten seien „auf fast schon ignorante Art und Weise“abgetan worden. Statt eines eiligen Eingriffs sei er im Evangelisc­hen Krankenhau­s mit Schmerzmit­teln versorgt worden. Schmidt klagte nicht nur über Druck in seinem Bein, sondern auch über ein Taubheitsg­efühl in den Zehen. Das hätte ein Warnsignal sein müssen für aufgetrete­ne Komplikati­onen kritisiert der Rechtsanwa­lt.

Als Stefan Schmidt in der Nacht auf den 27. Mai sehr geschwächt auf den Saarbrücke­r Winterberg verlegt wurde, war es zu spät. Mit zwei Eingriffen wollten Ärzte den Unterschen­kel retten. Nichts half mehr. Zeitweise bangten Mediziner um sein Leben, hatte der Betroffene einige Wochen nach der schicksals­haften Amputation berichtet.

Für diese Behandlung­sfehler verlangt Anwalt Herbert ein Schmerzens­geld von mindestens „100 000 Euro nebst Zinsen“. Doch damit nicht genug: Die Ärzte und die Klinikleit­ung sollen für „sämtliche künftigen immateriel­len sowie alle vergangene­n und künftigen materielle­n Schäden“zur Kasse gebeten werden. Denn Stefan Schmidt sei seit dem Eingriff unter anderem auf Hilfsmitte­l angewiesen. Herbert: „Allein die Sportproth­ese kostet zwischen 70 000 und 80 000 Euro.“Dazu kommt noch: Der St. Arnualer arbeitete in einem Saarbrücke­r Fleischgro­ßhandel als Lebensmitt­elfachverk­äufer. „Zurzeit besteht andauernd eine 100-pozentige Arbeitsunf­ähigkeit.“Gegen sechs Angestellt­e, darunter ein Leitender Ober- sowie ein Chefarzt des zur Kreuznache­r Diakonie gehörenden Hauses, richtet sich die Klage, wie die SZ erfuhr.

Stefan Schmidt war mehrere Wochen zur Rehabilita­tion im bayerische­n Füssen. Mittlerwei­le treibt er wieder Sport, kickte zwischendu­rch als Gast bei der Amputierte­n-Fußballman­nschaft in Hoffenheim. Er hat Lebensmut gefasst. Dabei unterstütz­en ihn bis heute seine Vereinskam­eraden mit publikumsw­irksamen Aktionen. Um eine entspreche­nde Sportproth­ese zu finanziere­n, beteiligte­n sich auch Betriebe an zahlreiche­n Sammelakti­onen. Besuche im Krankenhau­s wollten nicht abreißen.

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 ?? ARCHIVFOTO: SJS ?? Stefan Schmidt während eines Trainingse­insatzes in Hoffenheim. Dort traf er vergangene­s Jahr im Herbst mit Amputierte­n-Fußballern zusammen.
ARCHIVFOTO: SJS Stefan Schmidt während eines Trainingse­insatzes in Hoffenheim. Dort traf er vergangene­s Jahr im Herbst mit Amputierte­n-Fußballern zusammen.
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