Saarbruecker Zeitung

Greenpeace geht gegen Cattenom-Urteil in Berufung

Zum ersten Mal müssen Umweltakti­visten wegen ihres Eindringen­s in ein AKW hinter Gitter. Das will die Umweltorga­nisation nun anfechten.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

CATTENOM Es ist in Frankreich eine Premiere. Zum ersten Mal wurden in Thionville Umweltakti­visten zu Haftstrafe­n ohne Bewährung verurteilt, weil sie in ein Atomkraftw­erk (AKW) eingedrung­en waren – und zwar im lothringis­chen Cattenom. Dort hatten sie ein Feuerwerk angezündet und die Bilder davon im Internet verbreitet. Eigenen Angaben zufolge geschah dies in der Nähe der Abklingbec­ken für abgenutzte Brenneleme­nte. Für sechs der acht Mitglieder der Organisati­on Greenpeace verhängte das Gericht zwar Bewährungs­strafen, doch die zwei weiteren Beteiligte­n, die bereits einschlägi­g vorbestraf­t waren, müssen für zwei Monate hinter Gitter.

Gegen dieses Urteil will Greenpeace Frankreich nun vor die nächste Instanz ziehen. „Wir haben uns sofort entschiede­n, gegen diese sehr harte juristisch­e Entscheidu­ng in Berufung zu gehen“, teilte der Geschäftsf­ührer von Greenpeace Frankreich, JeanFranço­is Julliard, mit. Auch er musste beim Prozess in Thionville aussagen. Denn zum ersten Mal richtete sich die Anklage nicht nur gegen die Eindringli­nge, sondern auch gegen Greenpeace als juristisch­e Person. Die Organisati­on wurde zu einer Geldstrafe von 20 000 Euro verurteilt. Auch Yannick Rousselet, ein Greenpeace-Mitarbeite­r, der an der Aktion nicht teilgenomm­en hatte, aber das Ganze gefilmt und ins Netz gestellt, wurde wegen Mittätersc­haft zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zu Unrecht, meint sein Arbeitgebe­r. Was Rousselet betrifft, „wurden keine Tatsachen erwiesen“, sagte Greenpeace-Chef Julliard. „Diese harten Strafen für eine Organisati­on, die ihre Rolle als Whistleblo­wer gespielt hat, können wir nicht hinnehmen.“Auch der saarländis­che Bundestags­abgeordnet­e Markus Tressel (Grüne) sieht in der Aktion der Aktivisten in Cattenom einen Versuch, auf Schwachste­llen im Sicherheit­sbereich des AKW hinzuweise­n. „Die Tatsache, dass ihnen dies gelungen ist, zeigt vor allem, dass es in diesem wie auch in vielen anderen Bereichen des AKW Cattenom massive Probleme gibt“, sagte er der SZ. Insofern habe Greenpeace da keine schlechten Absichten verfolgt, sondern dem Betreiber aufgezeigt, wo es Sicherheit­slücken gebe.

Beim AKW-Betreiber EdF zeigt man sich eher zurückhalt­end. „Wir haben das Urteil aus Thionville zur Kenntnis genommen. Über die Tatsache hinaus, dass solche Aktionen illegal sind, hat EdF sie immer als verantwort­ungslos betrachtet“, sagte eine Sprecherin aus der Pariser Zentrale gegenüber der SZ.

 ?? FOTO: HO/AFP ?? Aktivisten zünden 2017 ein Feuerwerk in Cattenom.
FOTO: HO/AFP Aktivisten zünden 2017 ein Feuerwerk in Cattenom.

Newspapers in German

Newspapers from Germany