Unter der Weltschmerz-Dusche
„Vergifte Dich“, das zweite Album von Isolation Berlin, ist ein bittersüßes Vergnügen.
Rock, mal mit der Anmutung von Spät-70er-New-Wave, mal mit knorriger, vorwärtstreibender Basslinie (von David Specht), und durchweg melancholisch. „Wenn ich eins hasse, dann ist es mein Leben“, singt Tobias Bamborschke, während der Weltschmerz „sich durch die Gedärme frisst“, und: „Ich bin schrecklich verwirrt“. Das könnte nun prätentiös oder pennälerlyrikhaft wirken, aber der leicht rotzig-trotzige Gesang, dem die Melodie nicht immer ganz wichtig ist, bildet einen schönen, erdenden Kontrast.
Die zweite Albumhälfte wird zarter, sanfter, manchmal sphärischer. „Vergeben heißt nicht vergessen“ist eine klassische Liebeskummer-Ballade zur kargen Gitarrenbegleitung, deren Texte das Stück vor üblicher Singer-Songwriter-Gemütlichkeit bewahren: „Seit Du nicht mehr da bist, heul‘ ich ständig wegen jedem Scheiß“und, lyrisch etwas rustikal, „Ich kotze meine Existenz in U-Bahn-Lüftungsschächte“.
Nur wenige Momente gelingen nicht – ein Satz wie „Du liebst es zu lachen, zu jauchzen, zu scherzen“klingt dann doch etwas zu zuckrig. Aber das wonnig kneipenliedartige „In deinen Armen“(in denen der Sänger kein Glück findet) und „Die Leute“mit schräger Rockmusik von Max Bauer (Gitarre) und Simeon Cöster (Schlagzeug) sind packend. „Die Leute reden mir zu viel“, deklamiert Bamborschke, „die Leute reden so viel Scheiß – nicht zu glauben“. Wer mag da widersprechen?
Mit dem wundersamen sphärischen „Mir träumte“schließt das Album; die Gitarre tönt entrückt, man badet in Hall und Echo, der Erzähler treibt durchs All, er schwebt „weit weg von der Erde“, ein wenig wie einst Bowies Major Tom und wünscht sich, „tote Materie“zu sein. „Ach, wär‘ das schön.“Im Weltall ist es eben schöner als vor dem Pfandflaschenautomaten. (Staatsakt / Caroline International). Konzerte: 21. März Weinheim (Cafe Central), 22. März Frankfurt (Zoom Club).