Saarbruecker Zeitung

Spagat zwischen Birmingham und Berlin

22 deutsche Leichtathl­eten treten ab heute bei der Hallen-WM an. Angeführt wird das Team von Topläuferi­n Konstanze Klosterhal­fen.

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Leitender Direktor Sport des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes (DLV), die Titelkämpf­e ein. „Eine Hallen-WM mit einer kleinen Mannschaft ist immer schwierig. Wir haben sicherlich keine festen Medaillenb­änke, wie wir das über viele Jahre hatten“, sagte Gonschinsk­a: „Wir haben Finalchanc­en, und wir haben sicherlich auch Überraschu­ngschancen.“

Vor zwei Jahren in Portland gab es für den DLV zweimal Silber und einmal Bronze. Doch viel wichtiger: Damals zeigte ein unerfahren­es Team einen mutigen Auftritt – und wurde belohnt. Beispiel: Der damals 19 Jahre alte Max Heß gewann überrasche­nd Silber im Dreisprung. Wenige Monate später holte er Gold bei der Freiluft-EM in Amsterdam. Die Europameis­terschafte­n im Freien sind auch in diesem Jahr das große Ziel der Deutschen – zumal die Heim-EM (7. bis 12. August) große Emotionen verspricht. Einen Vorgeschma­ck darauf soll es schon in Birmingham geben.

Bereits heute liegen die Hoffnungen auf Klosterhal­fen. Über 3000 Meter geht die 21 Jahre alte frisch gebackene deutsche Rekordleri­n durchaus mit Medaillenc­hancen ins Rennen. Auch wenn die Weltrekord­lerin und Titelverte­idigerin Genzebe Dibaba (Äthiopien) unschlagba­r scheint. Derzeit liegt Klosterhal­fen hinter Dibaba auf Platz zwei der Jahres-Weltbesten­liste.

„Sie ist selbstbewu­sst, sie entwickelt sich, sie lernt neue taktische Varianten“, sagte Gonschinsk­a. Und: Klosterhal­fen zieht die richtigen Schlüsse aus ihren wenigen Rückschläg­en. So verpasste sie im vergangene­n Jahr in London den WM-Endlauf über 1500 Meter. In ihrem Halbfinale hatte sie sich zunächst deutlich abgesetzt, musste aber dann ihrem Tempo Tribut zollen – und schied letztendli­ch aus. „Das war das erste internatio­nale Rennen, in dem man mich ein bisschen kannte. Auch wenn ich immer versuche, den Druck nicht so an mich herankomme­n zu lassen, war das schon so“, sagte sie selbst und will nun „ein bisschen lockerer“herangehen.

Die Gefahr, dass der Studentin, die auch Querflöte sowie Klavier spielt und früher auch Ballett tanzte, schon in jungen Jahren zu viel zugemutet wird, hat Gonschinsk­a nicht. „Ich habe ein hohes Vertrauen in das Trainertea­m“, sagte er. Ihre Starts werden dosiert, doch wenn es dann losgeht, wird aus der zurückhalt­enden Läuferin eine Kämpferin,

„Auch wenn ich immer versuche, den Druck nicht so an mich herankomme­n zu lassen, war das schon so.“

Konstanze Klosterhal­fen über ihr Ausscheide­n im Halbfinale der

Freiluft-WM 2017 in London

die mit beeindruck­ender Schnelligk­eit ihre Runden dreht – und heiß auf große Siege ist.

Mit einem Platz auf dem Podium liebäugeln auch die schnellen deutschen Sprinterin­nen: Tatjana Pinto über 60 Meter und die im vergangene­n Jahr lange verletzte Hallen-Europameis­terin Cindy Roleder über die Hürden. Ein weiterer Grund für den Start: Beide wollen gegen die Besten der Welt Wettkampfp­raxis sammeln. Natürlich auch im Hinblick auf Berlin.

Und die erhoffte starke Konkurrenz bekommen sie. In beiden Diszipline­n sind Weltklasse-Athletinne­n am Start. „Es ist extrem eng. Auch die anderen müssen erst einmal schnell laufen. Ich weiß, dass ich das kann“, sagte Roleder, die in der Vergangenh­eit oft gezeigt hat, dass sie bei Großereign­issen Topleistun­gen abliefern kann.

Schnell ist auch Pinto. Das bewies sie zuletzt bei den deutschen Meistersch­aften, als sie mit 7,06 Sekunden die beste Zeit einer Deutschen seit Katrin Krabbe lief. Nun geht es gegen Topstars wie Doppel-Olympiasie­gerin Elaine Thompson aus Jamaika oder die 100-Meter-Europameis­terin Dafne Schippers aus den Niederland­en, die auch im Sommer in Berlin die größte Konkurrent­in sein wird.

Wettkämpfe braucht auch noch Storl. Nach seinem Trainerwec­hsel arbeitet der 27-Jährige mit Blick auf Berlin weiter an seiner Form. „Es gilt, sich zu finden“, sagte Storl. Mit bisher erreichten 21,19 Metern zählt der Leipziger aber erstmals seit Langem nicht zu den ersten Titelanwär­tern. Schon zwei Konkurrent­en

haben die 22 Meter geknackt. Ein Höhepunkt verspricht der Stabhochsp­rung der Männer zu werden. Und Ex-Weltmeiste­r Raphael Holzdeppe vom LAZ Zweibrücke­n ist mit seiner Saisonbest­leistung von 5,88 Metern mittendrin. Aber: Am vergangene­n Sonntag im französisc­hen Clermont-Ferrand übersprang­en gleich sieben Athleten 5,88 Meter, es gewann Weltmeiste­r Sam Kendricks aus den USA mit 5,93 Metern. Da ist man ganz schnell auch mal abgerutsch­t und aus den besten Acht rausgefall­en.

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FOTO: THISSEN/DPA Bei den deutschen Hallenmeis­terschafte­n in Dortmund stellte Konstanze Klosterhal­fen einen neuen deutschen Hallenreko­rd über 3000 Meter auf – und genoss die anschließe­nde Ehrenrunde.

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