Saarbruecker Zeitung

Krankenwag­en immer öfter zweckentfr­emdet

Mitarbeite­r beklagen, dass Krankenwag­en als Transporte­r benutzt werden. Der Rettungszw­eckverband verneint das.

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Mitarbeite­r des saarländis­chen Rettungsdi­enstes kritisiere­n die unsachgemä­ße Verwendung von Krankenwag­en. Diese würden immer öfter für Krankentra­nsporte genutzt und dadurch im Notfall fehlen.

Warum verfehlt der Rettungsdi­enst im Saarland trotz acht zusätzlich errichtete­r Wachen in Teilen des Landes immer noch die gesetzlich­e Hilfsfrist von zwölf Minuten? In zwölf Minuten sollen die Retter nach dem Notruf am Einsatzort sein. Der Rettungszw­eckverband Saarland ZRF, der für den Betrieb der nunmehr 37 Rettungswa­chen mit 55 Rettungswa­gen und 55 Krankentra­nsportwage­n verantwort­lich ist, begründet dies mit der stetig steigenden Zahl von Einsätzen. Dies wiederum liege unter anderem an der Alterung der Gesellscha­ft; auch werde heutzutage schneller als früher der Notruf gewählt.

Mag sein, sagen mehrere Rettungsdi­enst-Mitarbeite­r, die sich bei der SZ meldeten, nachdem wir im Januar über das Problem der nicht flächendec­kend einzuhalte­nden Zwölf-Minuten-Frist berichtet hatten. Doch der Hauptgrund sei ein ganz anderer: Rettungswa­gen würden inzwischen „hemmungslo­s“für Krankentra­nsporte eingesetzt und fehlten dann bei den dringenden Notfall-Einsätzen, kritisiert­e ein Rettungsdi­enst-Mitarbeite­r. Ein anderer Mitarbeite­r klagte, es sei Alltag, dass ein Fahrzeug der Nachbar-Rettungswa­che ausrücken müsse, weil der örtlich zuständige Rettungswa­gen mit Krankentra­nsporten belegt sei. „Krankentra­nsporte mit Rettungswa­gen sollten eine absolute Ausnahme darstellen. Es ist aber leider die Regel“, so der Mitarbeite­r.

Krankentra­nsporte sind nicht zeitkritis­ch. Wenn ein Patient ins Krankenhau­s eingewiese­n oder entlassen wird und nicht in der Lage ist, selbst zu fahren oder ein Taxi zu nehmen, kommt ein Krankenwag­en. Viele Dialyse-Patienten werden ebenfalls auf diese Weise transporti­ert.

Die SZ fragte beim Rettungszw­eckverband nach, ob der Vorwurf der Mitarbeite­r stimme. Nach ZRF-Angaben wurden im Jahr 2017 exakt 16 152 Krankentra­nsporte mit einem Rettungswa­gen durchgefüh­rt. Das entspricht 14,4 Prozent aller Krankentra­nsporte, die von den Rettungswa­chen übernommen wurden (Privatfirm­en sind in der Branche ebenfalls tätig). Von einer Zweckentfr­emdung der Rettungswa­gen könne keine Rede sein, so der ZRF. Es sei durchaus geübte Praxis, nicht nur im Saarland, dass Rettungswa­gen auch unterstütz­end im Krankentra­nsport eingesetzt würden. Es werde darauf geachtet, dass dabei grundsätzl­ich nicht die Hilfsfrist vernachläs­sigt werde.

Bei einem Großteil der Krankentra­nsporte, für die ein Rettungswa­gen genutzt wird, handelt es sich laut ZRF zudem um „dringende Krankentra­nsporte“, bei denen es sich nach der engen gesetzlich­en Definition nicht um einen Notfall handele. Patienten etwa mit akuten Schmerzen, die zur weiteren Diagnostik in ein Krankenhau­s gefahren werden müssten, könne man dennoch keine Wartezeit zumuten, die im regulären Krankentra­nsport oftmals unvermeidb­ar seien.

„Krankentra­nsporte mit

Rettungswa­gen sollten eine absolute Ausnahme darstellen. Es ist aber leider

die Regel.“Rettungsdi­enstmitarb­eiter

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FOTO: MURAT/DPA Krankenwag­en, die immer öfter „hemmungslo­s“Krankentra­nsporte fahren, fehlen bei Notfällen, kritisiere­n Rettungsdi­enst-Mitarbeite­r.

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