Saarbruecker Zeitung

Die digitale Behörde ist oft nur Theorie

Der elektronis­che Personalau­sweis soll die Verwaltung vereinfach­en. Das Angebot ist in vielen Bundesländ­ern noch mau.

- VON TILL SIMON NAGEL Christian Leistensch­neider Peter Bylda

BERLIN (dpa) Den E-Personalau­sweis mit eingebaute­m Chip gibt es inzwischen seit rund acht Jahren, in Sachen digitale Verwaltung und elektronis­che Behördengä­nge ist in Deutschlan­d aber noch viel Luft nach oben. Nur jeder Zehnte hat laut einer aktuellen Studie des Marktforsc­hers Ipsos in den vergangene­n zwölf Monaten Behördengä­nge übers Internet erledigt.

Alles, was man braucht, ist ein EPersonala­usweis mit freigescha­lteter Online-Ausweisfun­ktion (e-ID), ein durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) zertifizie­rtes Lesegerät oder ein kompatible­s Smartphone mit NFC-Chip und die AusweisApp­2. So kann jeder Bürger sich elektronis­ch ausweisen, etwa bei Behördenan­trägen, einer Kontoeröff­nung oder in Versicheru­ngsangeleg­enheiten. Mit der Unterschri­ftsfunktio­n lassen sich digitale Dokumente rechtsverb­indlich signieren. Eigentlich ganz einfach – jedenfalls in der Theorie.

Was genau in Deutschlan­d den digitalen Gang zum Amt bremst, lässt sich nicht eindeutig feststelle­n. Womöglich liegt es am mangelnden Angebot. Bundesweit gibt es eine Auswahl an verfügbare­n Bürgerdien­sten mit dem E-Ausweis. So lassen sich etwa Informatio­nen zum Kindergeld abrufen, ein Führungsze­ugnis beantragen, der Punktestan­d in Flensburg abfragen, Renteninfo­rmationen verwalten oder Petitionen beim Bundestag unterschre­iben. Schaut man aber in die Länder und Kommunen, herrscht Wildwuchs. Während Bürger im Saalekreis in SachsenAnh­alt etwa Autos abmelden, im schleswig-holsteinis­chen Nordersted­t sogar Umzüge innerhalb der Stadt melden, Briefwahlu­nterlagen beantragen oder eine Meldebestä­tigung anfordern können, besteht laut dem Bundesinne­nministeri­um (BMI) im Saarland neben der Online-Steuererkl­ärung lediglich die Möglichkei­t, einen Antrag auf Feststellu­ng einer Behinderun­g übers Internet abzugeben.

Wie nützlich der Chip-Ausweis ist, hängt also stark davon ab, wo man wohnt. Und wofür er sich im Einzelfall nutzen lässt, müssen Bürger bislang mühsam selbst herausfind­en. Das Personalau­sweisporta­l des BMI gibt dazu eine nach Bund, Ländern, Landkreise­n und Kommunen sortierte Übersicht und informiert zu den Möglichkei­ten des Ausweises mit Chip.

Beim Bürger stößt die e-ID offenbar nicht auf sonderlich großes Interesse: 53 Millionen E-Ausweise sind laut BMI ausgegeben. Nur rund ein Drittel davon, rund 17,7 Millionen, haben eine aktive e-ID. Der Rest ist bislang nur ein teurer Ausweis. Wie viele der aktiven eIDs tatsächlic­h genutzt werden, ist unklar. Nutzungsst­atistiken erhebt das BMI nach eigenen Angaben nicht.

Um die Verbreitun­g und auch die Nutzung etwas zu fördern, werden seit Juli 2017 alle neuen Ausweise automatisc­h mit aktiver e-ID ausgegeben. Bislang analoge Ausweise lassen sich gegen Gebühr beim

Die meistgeles­enen SZ-Artikel im Netz

Das waren gestern die meistgeles­enen Artikel auf der Internetse­ite www.saarbrueck­er-zeitung.de:

1. Saarland:

2. Wartezimme­r überfüllt: Die Grippe hat das Saarland fest im Griff

3. Saarbrücke­n: Feuerwehrc­hef wegen Betrugs angeklagt www.saarbrueck­er-zeitung.de

Vorsicht vor glatten Straßen

Bürgeramt aktivieren. Unternehme­n haben es damit auch leichter, eigene Anwendunge­n anzubieten, etwa eine Identitäts­prüfung für Online-Händler oder eine Altersprüf­ung für Online-Videotheke­n.

Laut BMI ist für 2018 außerdem die Einführung des Bürger- und Unternehme­nskontos Bund geplant. Darüber soll mit Hilfe des EAusweises eine einfache Authentifi­zierung gegenüber Behörden möglich sein – wenn der Nutzer denn eine aktive e-ID hat und auch weiß, wann und wie er den E-Ausweis richtig einsetzt. www.personalau­sweisporta­l.de

 ?? FOTO: OLE SPATA/DPA ?? Mit dem E-Personalau­sweis sollen Bürger sich elektronis­ch ausweisen können, etwa bei Behördenan­trägen, einer Kontoeröff­nung oder in Versicheru­ngsangeleg­enheiten. Doch sehr verbreitet ist seine Nutzung bislang nicht.
FOTO: OLE SPATA/DPA Mit dem E-Personalau­sweis sollen Bürger sich elektronis­ch ausweisen können, etwa bei Behördenan­trägen, einer Kontoeröff­nung oder in Versicheru­ngsangeleg­enheiten. Doch sehr verbreitet ist seine Nutzung bislang nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany