Saarbruecker Zeitung

Ihre Anfänge sind schon über 1000 Jahre alt

Die Margareten­kirche in Niederkirc­hen ist erstmals 977 urkundlich erwähnt. Das Gotteshaus geizt nicht mit Kunstschät­zen.

- VON SEBASTIAN DINGLER Produktion dieser Seite: Michaela Heinze Peter Seringhaus

ST. WENDEL Die Margareten­kirche in St. Wendel-Niederkirc­hen wurde zum ersten Mal in einer Urkunde vom 12. April 977 erwähnt. Man geht jedoch davon aus, dass ihre Ursprünge noch älter sind. Die kleine Taufkapell­e gilt als ältester Teil der Kirche und dürfte der Überrest einer etwa 800 nach Christus erbauten Friedhofsk­apelle sein. Etwa um das Jahr 900 herum wurde die Kapelle zu einer romanische­n Kirche erweitert. Das war jedoch noch lange nicht die Margareten­kirche, wie sie heute zu sehen ist. Im zwölften bis 13. Jahrhunder­t kam eine Erweiterun­g im frühgotisc­hen Stil hinzu, 1517 erfolgte der große Umbau im spätgotisc­hen Stil. Somit feierte die Kirche voriges Jahr das 500. Jubiläum der Existenz in ihrer jetzigen Form. Schon 1538, also zu Lebzeiten Martin Luthers, ging die Kirche an die Reformatio­n und ist seither protestant­isch.

Von außen lässt die kleine Kirche eher nicht erahnen, was alles in ihr steckt. Da fallen höchstens die dicken Stützpfeil­er auf, die 1710 an der Südseite angebracht wurden. Innen jedoch geizt sie nicht mit Kunstschät­zen. Die jüngsten davon kamen erst im vergangene­n Jahr in die Kirche. Die maroden Glasfenste­r hinter dem Altar wurden durch vom Künstler Heinz Oliberius gestaltete Opalglasfe­nster ersetzt.

Der 1937 in Tschechien geborene Oliberius, einst auch Vorsitzend­er des saarländis­chen Künstlerbu­ndes, ist 2001 schon verstorben, seine 1967 entworfene­n Fenster waren lange Jahre Teil der Trauerhall­e des Nachbarort­s Marth. Diese wurde vor einigen Jahren wegen Baufälligk­eit geschlosse­n und sollte abgerissen werden. „Das wertvolle Glas wäre womöglich in irgendeine­m Schuppen vergessen worden“, meint Pfarrer Stefan Werner. Seiner Initiative und der des Heimat- und Kulturvere­ins Ostertal ist es zu verdanken, dass die wunderbare­n Kunstwerke einen neuen Ort gefunden haben. Hans Kirsch, erster Vorsitzend­er des Heimatvere­ins, erzählt: „Als die Trauerhall­e geschlosse­n wurde, sind wir an die Öffentlich­keit gegangen und haben klar gemacht, was wir da für tolle Kunstwerke haben. Dann hat sich die Kirchengem­einde gemeldet und berichtet, dass die Fenster in der Margareten­kirche nicht mehr so toll seien.“Anschließe­nd wurden fleißig Spenden gesammelt, bis rund 6500 Euro zusammen waren. Damit konnte der Zweibrücke­r Glasgestal­ter Eduard Angeli beauftragt werden, der die OliberiusF­enster an ihr neues Zuhause anpasste. Jetzt strahlen sie in aller Farbenprac­ht in der alten Kirche – für Pfarrer Werner übrigens kein stilistisc­her Widerspruc­h: „Die Kirche nähert sich so wieder ein Stück ihrer spätgotisc­hen Ausrichtun­g, in der sie sicher auch mit bunten Glasfenste­rn versehen war.“

Doch die neuen Fenster sind nicht das einzige Detail, das einen Besuch lohnen würde: Es sind auch die interessan­ten Steinmetza­rbeiten, die den Betrachter staunen lassen. Architekto­nisch wichtige Punkte wie die Gewölbekon­solen oder die Schlussste­ine sind mit Figuren oder Gesichtern aus Stein versehen. Nur wenige davon lassen sich leicht interpreti­eren wie das Lamm Christi oder das bärtige Haupt des geköpften Johannes.

Ein eher dumpf dreinblick­endes und ein die Zunge rausstreck­endes Gesicht dagegen wirken wie Karikature­n – doch wer da dargestell­t werden sollte und wozu, weiß niemand mehr. In den 60er-Jahren wurden die Steine restaurier­t und liebevoll neu bemalt, 2013 wurden die Farben wieder aufgefrisc­ht.

Ein weiteres Rätsel: Da lugen ein wenig gruselig drei Finger unter einer Gewölbekon­sole hervor, als sei da jemand eingemauer­t worden. Der Betrachter darf hier Fantasie entwickeln und versuchen, sich in die Zeit vor 500 Jahren hineinzuve­rsetzen. Einen Rekord kann die Margareten­kirche auch noch für sich in Anspruch nehmen: Die beiden Glocken aus Bronze stammen aus dem Jahr 1414, somit stellen sie das älteste komplett erhaltene Dualgeläut im Saarland dar. ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücke­r Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorben­er vor.

 ?? FOTOS: SEBASTIAN DINGLER ?? Unser Foto vom Innenraum der Margareten­kirche im Ortszentru­m von St. Wendel-Niederkirc­hen (links) zeigt im Hintergrun­d bunte Glasfenste­r des tschechisc­hen Künstlers Heinz Oliberius. Weitere spannende Details sind beispielsw­eise Figuren und Köpfe an den...
FOTOS: SEBASTIAN DINGLER Unser Foto vom Innenraum der Margareten­kirche im Ortszentru­m von St. Wendel-Niederkirc­hen (links) zeigt im Hintergrun­d bunte Glasfenste­r des tschechisc­hen Künstlers Heinz Oliberius. Weitere spannende Details sind beispielsw­eise Figuren und Köpfe an den...
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