SPD sagt Ja – Deutschland wird wieder regiert
Nach der Zustimmung der SPD-Mitglieder zur Groko wird Angela Merkel wohl in zehn Tagen zur Kanzlerin gewählt. Lob kam aus dem Saarland.
BERLIN/SAARBRÜCKEN (dpa/SZ) Das Ja der SPD-Mitglieder zu einer großen Koalition ist bei der SPD-Spitze, den künftigen Koalitionspartnern und in den meisten europäischen Hauptstädten mit Erleichterung aufgenommen worden. Auch von den meisten Saar-Politikern gab es gestern positive Reaktionen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will die derzeit nur geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits heute dem Bundestag zur erneuten Wahl vorschlagen. Damit kann die längste Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik mit der Kanzlerwahl und der Vereidigung des Kabinetts am 14. März abgeschlossen werden. Die Wahl Merkels im Bundestag gilt nun als Formsache.
Mehr als fünf Monate nach der Bundestagswahl hatte der SPD-Parteivorstand am Sonntagmorgen das überraschend deutliche Votum der SPD-Mitglieder für den Eintritt in eine Koalition mit der Union bekanntgegeben. Bei der Abstimmung per Brief waren 463 722 Sozialdemokraten stimmberechtigt, 378 437 machten mit. Knapp 66 Prozent stimmten einer Fortsetzung des Bündnisses unter Angela Merkel zu. Der Mitgliederentscheid war die letzte große Hürde auf dem Weg zu einer neuen großen Koalition. Der kommissarische SPD-Parteichef Olaf Scholz sagte bei der Verkündung des Ergebnisses nach zwölfstündiger Auszählung in der Parteizentrale, die SPD sei in der Kontroverse über den Koalitionsvertrag weiter zusammengewachsen. Auch Fraktionschefin Andrea Nahles, die am 22. April an die Parteispitze gewählt werden soll, beschwor den Zusammenhalt der SPD: „Wir bleiben jetzt zusammen.“Sie kündigte an, die sechs Minister der SPD würden bis zum Wochenende benannt. Juso-Chef Kevin Kühnert, der für ein Nein geworben hatte, versprach, dass seine Jungsozialisten nun massiv auf eine grundlegende Erneuerung der Partei dringen würden.
„Das ist eine gute Nachricht für Europa“, hieß es aus dem Umfeld des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zum Abschluss der Regierungsbildung in Deutschland. Belgiens Premier Charles Michel drängte die künftige Regierung, schnell auf europäischer Ebene aktiv zu werden. In Deutschland sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock, es sei gut, „dass die politische Hängepartie endlich vorbei ist“. FDP-Chef Christian Lindner erklärte, seine Partei freue sich nun „auf smarte Oppositionsarbeit“. Die künftige Saar-SPD-Chefin Anke Rehlinger sprach von einem „klaren Ergebnis nach einem intensiven Meinungsaustausch“. Der neue Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) erklärte, dies sei „ein guter Tag für unser Land.“
„Wir bleiben jetzt
zusammen.“
Andrea Nahles
Designierte SPD-Chefin über die Folgen
des Votums für ihre Partei
SAARBRÜCKEN (gda/kir) Mit Erleichterung hat der neue saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) die Entscheidung der SPD-Basis für eine Fortsetzung der großen Koalition auf Bundesebene aufgenommen. „Heute ist ein guter Tag für unser Land“, teilte der Saar-Regierungschef mit. „Die Wähler haben vor sechs Monaten einen Auftrag erteilt, der nun endlich wahrgenommen wird. Wir brauchen dringend stabile Verhältnisse und Verlässlichkeit in Deutschland.“Das sei auch aus saarländischer Sicht wichtig, um die gemeinsamen Projekte mit dem Bund weiterentwickeln zu können. Als Beispiel nannte Hans das neue Saarbrücker Helmholtz-Zentrum.
Die designierte Landeschefin der Saar-SPD, Anke Rehlinger, bezeichnete die Zustimmung von zwei Dritteln der Basis als „ein klares Ergebnis nach einem intensiven Meinungsaustausch. Jetzt ist es an uns, daraus etwas Gutes für unser Land und unsere SPD zu machen. Auch das wird ein hartes Stück Arbeit“.
Der saarländische SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen forderte seine Partei auf, in der neuen Bundesregierung „Garant für ein sozialeres Deutschland, aber auch für ein solidarischeres Europa“zu sein. „Viele in Europa erhoffen sich von der SPD auch Impulse für die Erneuerung der Europäischen Sozialdemokratie“, so Leinen weiter.
Der Linken-Fraktionschef im Saar-Landtag, Oskar Lafontaine, sieht das Basis-Votum der SPD kritisch: „Ich bedauere diese Entscheidung, da sich die soziale Spaltung in Deutschland weiter vertiefen wird. Auch im Saarland werden Kinderund Altersarmut zunehmen und die Ungleichheit der Vermögen und Einkommen weiter wachsen.“Auch für die Belebung der Investitionstätigkeit der saarländischen Städte und Gemeinden und des Landes gebe der Koalitionsvertrag wenig her, so der Ex-SPD-Bundesvorsitzende.