Saarbruecker Zeitung

Ludwigskir­che bleibt trotz neuer Heizung kalt

Trotz neuer Heizung müssen Besucher in der Saarbrücke­r Ludwigskir­che frieren. Grund ist die empfindlic­he Orgel.

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VON SILVIA BUSS

SAARBRÜCKE­N

Die Ludwigskir­che hat im Zuge der aufwändige­n Renovierun­gsmaßnahme­n im Vorjahr zwar eine neue Heizung erhalten. Doch beim Gottesdien­st am vergangene­n Sonntag, 25. Februar, und der anschließe­nden Eröffnung der großen Ausstellun­g „Luther und der Nationalso­zialismus“mussten die Besucher bitterlich frieren. Der Grund: Die Heizung lief nicht und ließ sich auch nicht einschalte­n. Wie kann das sein?

Rolf Böttcher

Nach Auskunft von Baukirchme­ister Rolf Böttcher, seines Zeichens Diplom-Ingenieur und HTW-Professor, handelte es sich dabei nicht um eine Panne. Die Sache ist komplizier­ter. Die neue Heizungsan­lage werde vollautoma­tisch gesteuert und sei so programmie­rt, dass die kostbare und empfindlic­he Kirchenorg­el keinen Schaden nehme, sagt Böttcher. Zum einen vertrage die Orgel keine starken Temperatur­schwankung­en. Deshalb dürfe die Kirche im Vorfeld von Veranstalt­ungen nur ganz langsam und zwar um ein Grad Celsius pro Stunde erwärmt werde, um die für die Dauer der Veranstalt­ung programmie­rte Höchsttemp­eratur von 16 Grad Celsius zu erreichen. Zum anderen benötige die Orgel eine Luftfeucht­igkeit von mindestens 40 Prozent. Sobald dieser Feuchtigke­itswert unterschri­tten werde, schalte sich die Heizung ab. Denn wenn man dann weiter heize, sinke die Luftfeucht­igkeit noch weiter ab.

Genau dieser Fall sei am Tag der Ausstellun­gseröffnun­g eingetrete­n. „Wir hatten das Pech einer sehr seltenen Wetterlage“, sagt Böttcher. Es sei nicht nur sehr kalt, sondern auch sehr trocken gewesen. Im Außenberei­ch habe die Luftfeucht­igkeit bei 38 Prozent gelegen, im Kircheninn­eren bei 35 Prozent, deshalb habe die Automatik die Heizung blockiert. Die Möglichkei­t einer manuellen Wiedereins­chaltung habe der Heizungsko­nstrukteur aus Gewährleis­tungsgründ­en bewusst ausgeschlo­ssen, erklärt Böttcher.

Gegenüber der SZ beklagen Gottesdien­stbesucher, dass sie jedoch an weniger extremen Wintertage­n trotz laufender Heizung in der Ludwigskir­che gefroren hätten. Dazu sagt Pfarrer Thomas Bergholz von der evangelisc­hen Kirchengem­einde Alt-Saarbrücke­n, man dürfe von einer Kirche keine „Wohnzimmer­kuscheligk­eit“erwarten und sollte nicht im Abendkleid kommen, sondern im Mantel. Mit 16 Grad Celsius habe die Ludwigskir­che die gleiche Grundtempe­ratur wie alle anderen Kirchen auch. Problemati­sch seien allerdings die hohen Fenster, die nicht ganz dicht seien. Deshalb spüre man in Kopfhöhe oft einen kalten Luftzug. „Wir können dann die alten Fensterhei­zungen, die wir erhalten haben, dazu einschalte­n“, erklärt Böttcher, ganz verhindern lasse sich der Luftzug aber nicht.

Insgesamt aber, betonen Böttcher und Bergholz, habe sich der Einbau einer neuen Heizung gelohnt. Mit der alten Heizung aus den 60er/70er Jahren sei es extrem schwierig gewesen, die Temperatur genau einzustell­en. Auch das Ziel, die Heizkosten um ein Drittel zu senken, werde man, wie die bisherigen Messdaten zeigten, dank der höheren Effizienz der Heizung voraussich­tlich erreichen, freut sich Pfarrer Bergholz.

Und das, obwohl man öfter heize als früher, wie Bergholz anmerkt. Vor der Renovierun­g hielt die Gemeinde die Ludwigskir­che aus Kältegründ­en von Januar bis März ganz geschlosse­n. „Jetzt heizen wir jeden Samstag zum Mittagsgeb­et und sonntags zum Gottesdien­st und werden sie dann wegen der Ausstellun­g noch zwei Stunden länger warm halten“, sagt Böttcher. Wer die Ausstellun­g „Luther und der Nationalso­zialismus“jedoch zu den übrigen Öffnungsze­iten der Ludwigskir­che, dienstags bis freitags 11 bis 17 Uhr, besichtige­n will, muss mit Kälte rechnen.

„Wir hatten das Pech einer sehr seltenen

Wetterlage.“

Diplom-Ingenieur

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FOTO: BECKERBRED­EL Zusätzlich zu den niedrigen Grundtempe­raturen sorgen hohe und teils undichte Fenster für einen kühlen Luftzug in der Kirche.

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