Im Mikrokosmos Saarlandmuseum
Morgen läuft der Film „Zu werden, was es ist“über das Saarlandmuseum erstmals in seiner finalen Fassung. Die sehenswerte Dokumentation zeigt auch die tägliche Arbeit im Haus.
Texte, keine Erläuterung der Personen. Erst der Abspann klärt auf, wer wer ist und wie die Berufsbezeichnung ist. Die Arbeit steht hier im Vordergrund.
Auch in die Technik-Katakomben des Museums führt der ruhige, formal elegante Film; man sieht Heizungsund Lüftungssysteme und einen riesigen Aufzug: Er fährt aus dem Parkett eines Raumes heraus, verschluckt ein Gemälde und verschwindet wieder im Boden, als hätte es ihn nie gegeben.
Der Film betrachtet das Geschehen aus einer gewissen, manchmal ironisch wirkenden Distanz heraus, mit ruhigen, beobachtenden Szenen – das Museum als Ort der Ruhe, gleichzeitig der ständigen Arbeit hinter den Kulissen. Selten befragt der Film Menschen direkt – und wenn, dann uninteressiert an der Hierarchie. Staatstragendes von Führungskräften hört man nicht. Sondern da berichtet etwa Ingrid Steffens, seit 17 Jahren Aufsicht im Museum, dass sie sich beim Job-Einstieg erst einmal das Kunst-Schulbuch der Tochter auslieh, um zu erfahren, was sie denn da überhaupt beaufsichtigt.
Im Keller arbeitet Museumstechniker Uwe Jäger, der im Film am Telefon erst mal „Das versteht keine Sau“sagt (aber nicht die moderne Kunst meint). Er erzählt von den Schwierigkeiten, Handwerkern von Fremdfirmen klar zu machen, wie zerbrechlich hier das Interieur ist, und vom Jahrhundertwasser 1993, das die Fensterscheiben zu Aquariumswänden machte: „Im Erdgeschoss schwammen draußen die Enten vorbei.“
Künstler Gregor Hildebrandt schildert, wenig nostalgisch, von seinen Kindheitsbesuchen im Saarlandmuseum: „Man dachte, das nimmt kein Ende.“Eine Faustregel ließ ihn damals durchhalten: Je größer die Bilder, desto weniger hängen in einem Raum, „desto schneller war man wieder draußen“. Mittlerweiler war er wieder drin, diesmal mit eigener Ausstellung.
Der Film in seiner ersten Fassung endete mit den Vorbeitungen zu „Zwischen den Grenzen“, der gemeinsamen Ausstellung von Saarlandmuseum und dem Centre Pompidou in Metz – dort knüpft die Aktualisierung der Dokumentation an: Von den leeren Sälen in Saarbrücken geht es kurz nach Metz, wo unter der großen Holzkonstruktion noch geputzt wird – aber immerhin: Franz Marcs blaues Pferdchen hängt schon. Zurück geht es in ein schwarzweißes Saarbrücken von anno dazumal: Eine alte Reportage des SR berichtet vom einstigen Neubau der Modernen Galerie, dann übernimmt die Doku wieder und führt uns in die Gegenwart, in die letzten Wochen vor der Wiedereröffnung. Folien für Pae Whites Installation werden geklebt, Menschen schieben Gemälde umher, fast wirken sie wie Messdiener, das Großwerk von Jonathan Meese wird begutachtet: Die reliefartig gespachtelte, anscheinend nicht komplett getrocknete Farbe des Bildes scheint sich nach sieben Jahren immer noch zu bewegen. Derweil sind Mönig und Elvers-Svamberk wieder beim Grübeln, bedenken die Kunst, den Raum, das Licht – was kommt wohin, sieht wo am besten aus?
Nebenbei zeigt der Film den Vierten Pavillon, wie man ihn nie wieder sehen wird: leer, unbespielt, und dann auch noch als Rohbau, durch den Roland Augustin, Leiter der Fotografischen Sammlung, eine Besuchergruppe führt: ein großer fensterloser Raum mit trostloser Fabrikhallen-Anmutung. Augustins damaliger Satz „so gesehen, ein Traum“musste in der ersten Filmfassung 2017 ein wenig übertrieben wirken, war aber fast prophetisch. Denn jetzt, nach der Eröffnung, möchte man ihm eher beipflichten.
„Im Erdgeschoss schwammen draußen die Entchen vorbei.“
Museumstechniker Uwe Jäger über das Jahrhundertwasser 1993, das auch durchs Saarlandmuseum
schwappte.
Termin: Morgen, 18.30 Uhr, im Vortragssaal der Modernen Galerie. Der Eintritt ist frei, das Filmteam und Bildungsminister Ulrich Commerçon sind dabei. Die DVD gibt es für zehn Euro im Museums-Shop.