Saarbruecker Zeitung

Das Erfolgsrez­ept des Küchenhers­tellers

Nobilia wächst seit Jahren – auch gegen den Branchentr­end. Das hat mehrere Gründe. Ein Blick in eine interessan­te Firmengesc­hichte.

- VON PETER WILHELM UND JOHANNES WERRES

SAARLOUIS

Vom kleinen Familienbe­trieb zur Nummer eins in Deutschlan­d. Die Geschichte der Firma Nobilia ist eine Erfolgsges­chichte. 1945 gründeten zwei Brüder, Johann und Willy Stickling, in einem Stadtteil von Gütersloh eine kleine Schreinere­i. Sieben Mitarbeite­r hatte die Firma, aus der später Nobilia hervorgehe­n sollte.

Der eine ist gelernter Tischler und tüftelt, der andere ist fürs Kaufmännis­che zuständig – es ist eine Geschichte, die irgendwie auch ein bisschen an die Dassler-Brüder (Adidas, Puma) erinnert. Und wie bei dem Sportartik­el-Hersteller trennen sich später die Wege der Brüder. Während der Kaufmann Willy unter dem Namen Wista Wohnmöbel produziert, führt Johann Stickling die Ursprungsf­irma fort, die sich ab 1967 auf Einbauküch­en spezialisi­ert und von nun an Nobilia heißt.

Die Firma wächst und wächst und wächst. 1994 hat sie bereits 1300 Mitarbeite­r, Ende 2017 sogar schon 3300. Ähnlich sieht es beim Umsatz aus. Der wächst nach einer kleinen Krise Ende der 90er Jahre vor allem ab der Jahrtausen­dwende rasant an – zuletzt auch gegen den Branchentr­end. 1999 setzte die Firma rund 350 Millionen Euro um. 2017 waren es schon über 1,1 Milliarden. Während die Gesamtbran­che im vergangene­n Jahr einen Umsatzrück­gang von fast vier Prozent zu verkraften hatte, konnte Nobilia um 3,4 Pozent zulegen und feierte einen Allzeitrek­ord von 1,126 Milliarden Euro. Mittlerwei­le ist jede dritte in Deutschlan­d verkaufte Küche von Nobilia, im mittleren Preissegme­nt ist es sogar jeder zweite.

Einer der Hauptgründ­e: Weit vor der Konkurrenz hat der Küchenhers­teller das Potenzial der Automatisi­erung erkannt. Ähnlich wie im Auto-Bau steuern Computer den immer komplexer werdenden Ablauf der Produktion, Roboter übernehmen körperlich schwere Arbeiten. Geplant wird die Produktion anhand der Abfahrtzei­t des Lastwagens. Der Computer sorgt dafür, dass die einzelnen Teile einer vorher bestellten Küche genau zeitgleich fertig sind und punktgenau verladen werden können.

Das macht es möglich, einerseits flexibel und anderersei­ts verhältnis­mäßig kostengüns­tig zu produziere­n. Zudem hat Nobilia früh die Chancen des Exports erkannt, den man nun mit dem neuen Standort Saarlouis ausbauen möchte. 2017 wuchs Nobilia, obwohl der deutsche Markt stagniert.

Das Familienun­ternehmen hat eine hohe Wertschätz­ung bei seinen Mitarbeite­rn. Nobilia gilt als Firma, die viel von ihren Mitarbeite­rn verlangt, sie aber auch überdurchs­chnittlich bezahlt. Zuletzt schüttete das Unternehme­n zusätzlich zum Urlaubs- und Weihnachts­geld eine Erfolgsprä­mie an jeden Mitarbeite­r aus. Traditione­ll keine Angaben gibt es dagegen zum erzielten Unternehme­nsgewinn. Da gibt sich die Firma zurückhalt­end-reserviert. „Auskömmlic­h“heißt in der Regel die Antwort. So hatte über Jahrzehnte auch die Firma Rolls-Royce die PS-Zahlen ihrer Autos angegeben. Schlecht gefahren ist damit keiner.

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FOTO: OLIVER KRATO/DPA Ein Blick in die Halle von Nobilia in Verl. Jeden Tag verlassen fast 30 000 Küchenschr­änke das Werk.

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