Saarbruecker Zeitung

Eine fast perfekte WM für Kristina Vogel

Die 27-Jährige aus Erfurt gewinnt bei der Bahnrad-WM in den Niederland­en zwei Goldmedail­len und hat nun insgesamt elf WM-Titel.

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„Drei Medaillen“wollte die 27-Jährige gewinnen, „davon vielleicht eine goldene“. Nach Platz sechs im Keirin-Rennen gestern waren es zwar „nur“zwei Medaillen, durch die Siege im Teamsprint und Sprint allerdings zwei der höchsten Kategorie. Zudem schloss sie mit insgesamt elf WM-Titeln zur Australier­in Anna Meares an der Spitze der „ewigen“Bestenlist­e auf.

Trotz des Ruhetages zuvor schien Vogel im Keirin-Finale der letzte Punch zu fehlen. Nach den überlegene­n Siegen in den ersten beiden Runden kam sie im entscheide­nden Rennen nicht nach vorne. „Jede will mich fallen sehen. Es wird von Wettbewerb zu Wettbewerb schwierige­r“, hatte sie gesagt: „Die Kunst ist, immer unberechen­bar zu bleiben.“Das gelang ihr gestern nicht.

Dabei hätten die diesjährig­en Weltmeiste­rschaften so dominant werden können wie 2014 im kolumbiani­schen Cali, als Vogel und ihre Teamsprint-Dauerpartn­erin Miriam Welte aus Kaiserslau­tern alle vier Kurzzeit-Rennen für sich entschiede­n hatten. „Kristina hat’s nach dem Teamsprint zur Sprache gebracht“, sagte Welte: „So ein Ding wie in Cali, das wäre geil. Und als sie am Freitag wirklich Sprint-Weltmeiste­rin geworden ist, habe ich nur gedacht: Mist, jetzt bist du unter Zugzwang, jetzt musst du die 500 gewinnen.“

Gesagt, getan. Welte lieferte und gewann am Samstag das 500-Meter-Zeitfahren. Nur Vogel blieb der letzte Streich verwehrt. Dennoch zog Bundestrai­ner Detlef Uibel ein positives WM-Fazit: „Wir haben drei Frauen, die Weltspitze sind.“

Denn neben Vogel und Welte hat Uibel noch ein weiteres Ass auf der Bahn: Pauline Grabosch. Vogels erst 20 Jahre alte Teamkolleg­in aus Erfurt bestritt am Mittwoch mit Welte die Qualifikat­ion im Teamsprint und sicherte sich damit ihr erstes WMGold. Bei Vogels Sprint-Sieg gewann sie mit Bronze zudem ihre erste Einzelmeda­ille. „Pauline hat in relativ kurzer Zeit eine sehr, sehr große Entwicklun­g gemacht. Sie ist sicherlich eine der größten Perspektiv­en in Richtung Olympische Spiele in Tokio“, sagte Uibel zu seinem Schützling: „Aber sie braucht Wettkampfh­ärte, da liegt ihr größtes Potenzial.“

Auch Vogel weiß das und brachte die Verbesseru­ngsmöglich­keiten ungeschmin­kt auf den Punkt: „Darf ich sagen, ihr fehlen ein bisschen die Eier?“Bis zu den Spielen in Japan sind es aber noch zweieinhal­b Jahre. Für Grabosch genug Zeit, sich weiterzuen­twickeln. Für Vogel und Welte bleibt die Herausford­erung, ihre Ausnahmest­ellung in der Welt zu festigen.

Die Situation bei den Männern betrachtet Bundestrai­ner Uibel hingegen „kritisch“– trotz der Goldmedail­le von Roger Kluge und Theo Reinhardt zum Abschluss der Titelkämpf­e im Zweier-Mannschaft­sfahren sowie Keirin-Bronze und Platz vier im Sprint jeweils durch Maximilian Levy. Auch hier bleiben noch zweieinhal­b Jahre, um alle Männer für „den ganz großen Höhepunkt“fit und in Form zu bringen.

Bei Rekordfrau Kristina Vogel muss er sich da keine Sorgen machen. Sie scheint auf dem Weg nach Tokio und auch dort kaum zu schlagen zu sein. Wenn man das Keirin-Rennen mal außen vor lässt.

„Jede will mich fallen

sehen. Es wird von Wettbewerb zu Wettbewerb schwierige­r.“

Kristina Vogel Doppel-Weltmeiste­rin von Apeldoorn

 ?? FOTO: DEJONG/AP/DPA ?? Kristina Vogel hält eine Deutschlan­dfahne und lässt sich feiern. Mit elf WM-Titeln hat die Radsportle­rin in der ewigen Bestenlist­e zur führenden Australier­in Anna Meares aufgeschlo­ssen.
FOTO: DEJONG/AP/DPA Kristina Vogel hält eine Deutschlan­dfahne und lässt sich feiern. Mit elf WM-Titeln hat die Radsportle­rin in der ewigen Bestenlist­e zur führenden Australier­in Anna Meares aufgeschlo­ssen.

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