Saarbruecker Zeitung

EU droht mit Revanche im Handelskri­eg

Falls die USA von Einfuhrabg­aben für Stahl nicht abzubringe­n sind, droht Brüssel aber mit spürbar höheren Zöllen für amerikanis­che Waren.

- VON DETLEF DREWES

Die Europäisch­e Union hat gestern über eine Liste mit Produkten aus den USA beraten, auf die künftig Strafzölle fällig werden sollen, sollte Trump seine Strategie eines Handelskri­egs bei Stahl und Aluminium weiter verfolgen.

Sollte US-Präsident Donald Trump wirklich die Zölle auf Stahl und Aluminium anheben, weiß die EU seit gestern, welche Produkte aus den USA sie im Gegenzug teurer machen will. Besonders ärgert die EU-Kommission, dass Trump seine Maßnahme mit der nationalen Sicherheit begründet und die Union somit zum Gegner erklärt.

Noch ist zwar nichts geschehen. Doch die EU hat sich schon einmal gewappnet. Auf sechs Seiten trug die Brüsseler Behörde in den vergangene­n Tagen zusammen, welche amerikanis­chen Produkte mit zusätzlich­en Abgaben belegt werden könnten: Cranberrie­s, Bohnen, Erdnussbut­ter, Mais, T-Shirts, Herrenschu­he, kalifornis­cher Orangensaf­t, Makeup- und Kosmetikar­tikel, Sportboote und Motorräder. Insgesamt wären Waren und Produkte im Wert von rund 2,8 Milliarden Euro betroffen, heißt es in dem Papier, das vorerst noch unveröffen­tlicht bleibt, unserer Zeitung aber vorliegt. Auch für Whiskey, Zigarren und Zigaretten sowie übrigen Tabak will die EU-Kommission statt der bisher üblichen 75 Prozent an Zöllen deutlich mehr von den USA verlangen. Außerdem hat Brüssel die amerikanis­che Aluminiump­roduktion im Visier. Auf fast eineinhalb Seiten drehen sich die EU-Strafmaßna­hmen nur um Produkte der Stahlindus­trie, die Trump mit seinem Protektion­ismus eigentlich schützen will – und sie damit umgekehrt für ein europäisch­es Embargo freigeben würde.

Doch noch ist es nicht so weit. EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström, die die Antwort der Gemeinscha­ft gestern präsentier­te, zeigte sich gestern sogar noch hoffnungsv­oll, dass Washington auf die Maßnahme entweder ganz verzichtet oder zumindest die EU ausnehmen werde. Denn: „Es ist einfach unfair“, eine Abschottun­g der USA auf die rechtliche Grundlage des Artikels zur Landessich­erheit zu stellen. „Wir sind doch keine Bedrohung für die nationale Sicherheit der Vereinigte­n Staaten, sondern Verbündete“, betonte Malmström. „Wir sind immer noch zuversicht­lich, einen großen Handelskri­eg vermeiden zu können.“Und „wir bitten die USA, das alles nochmal zu überdenken“.

Deswegen habe die Kommission „in enger Übereinsti­mmung mit den Mitgliedst­aaten“auch eine dreistufig­e Antwort ausgearbei­tet, sagte die Kommissari­n: An erster Stelle steht eine Klage bei der Welthandel­sorganisat­ion (WTO). Außerdem müsse die Behörde die europäisch­e Stahlbranc­he schützen – vor weiteren Billigimpo­rten, die sich nach den USA nun neue Märkte suchen würden. Erst an dritter Stelle listet das Dokument höhere Abgaben auf US-Waren auf.

Brüssel will erkennbar niemanden verärgern. Dabei gibt man sich durchaus selbstkrit­isch. Denn der Vorwurf Trumps, sein Land sei von anderen „abgezockt worden“, scheint nicht völlig aus der Luft gegriffen. Je nachdem, wer welche Statistik in die Hand nimmt, ergeben diese durchaus Nachteile zu Lasten der Vereinigte­n Staaten – aber auch umgekehrt. Laut WTO erhoben die USA 2016 Einfuhrzöl­le von im Schnitt 3,5 Prozent. Die EU forderte 5,2 Prozent von ihren amerikanis­chen Freunden. Während Washington auf importiert­e Pkw nur 2,5 Prozent Zoll veranschla­gt, langt die Union mit zehn Prozent deutlich spürbarer hin – bei Nutzfahrze­ugen sei es umgekehrt, sagte Malmström.

Noch drastische­r fallen die Unterschie­de bei Tabak auf: Die USA schlagen 350 Prozent drauf, die EU nur 75 Prozent. Das seien alles Ungleichge­wichte, die beide Seiten eigentlich im TTIP-Freihandel­sabkommen beseitigen wollten. Doch Gespräche darüber sind bis auf weiteres vom Tisch.

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FOTOS: REINHARDT/MAYER/DPA/GALLUP/GETTY IMAGES (2) Vier Beispiele (im Uhrzeigers­inn), welche US-Produkte die EU mit neuen oder höheren Zöllen belegen will, wenn US-Präsident Donald Trump keinen Rückzieher macht: Erdnussbut­ter, Motorräder von Harley Davidson, T-Shirts und Bourbon-Whiskey etwa von Jim...
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