Saarbruecker Zeitung

Schwarz-rote Harmonie im „Saartalk“

Das neue saarländis­che Regierungs-Führungs-Duo vermied beim ersten großen gemeinsame­n Auftritt Konfrontat­ionen.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS Produktion dieser Seite: Nora Ernst, Oiver Schwambach, Dietmar Klosterman­n

Personalbr­üche bergen immer auch Chancen für den politische­n Gegner. Und das Beratertea­m rund um die designiert­e SPD-Landespart­eichefin Anke Rehlinger hat dem Vernehmen nach bereits den Startschus­s für ein neues Profilieru­ngs- und Abgrenzung­s-Rennen innerhalb der Saar-Groko gegeben. Auf die Plätze, fertig, los, gleich beim ersten gemeinsame­n medialen Auftritt in der neuen Rollen-Konstellat­ion, im Saartalk-Studio auf dem Halberg? So schnell geht’s dann doch nicht mit dem Kampfmodus. Selbst wenn Ministerpr­äsident Tobias Hans (40) und seine Stellvertr­eterin Anke Rehlinger (41) 2022 bei der Landtagswa­hl wahrschein­lich als Spitzenkan­didaten gegeneinan­der antreten werden. Gestern jedoch war erst mal die Mannschaft­spiel-Tonart gefragt, keine Temperamen­ts-Ausbrüche und keine verbalen Zuspitzung­en.

Wer das letzte angespannt­e Saartalk-Duell von Rehlinger mit Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) kurz vor dem Wahlsonnta­g im März 2017 noch in Erinnerung hat, erlebte jetzt ein Kontrastpr­ogramm, ein moderates, entspannte­s, auch sehr authentisc­hes Miteinande­r. Rehlinger, die man angriffsfr­eudig kennt, meinte zwar während der Sendung, sie gebe grundsätzl­ich und weiter Gas. Doch mit der Faust pochte sie beim Saartalk nur einmal auf den Tisch, als sie beim Thema Landesspor­tverband-Skandal, der neben Eugen Roth (SPD) vordringli­ch CDU-Politiker belastet, Kontrollve­rlust kritisiert­e: „So geht das nicht!“

Weitere Groko-Konfliktth­emen packte weder sie noch Hans auf den Tisch, kein Wort etwa zur Kommunalun­d Schulrefor­m. Statt dessen: viele Echo-Erlebnisse. Hans etwa brachte - bis in die Formulieru­ngen hinein - viel von dem zur Sprache, was er in unzähligen Interviews seit seiner Amtsüberna­hme ausführte. Bei der Regierungs­erklärung nächste Woche wird er neue Worte finden müssen, um mitzureiße­n.

Dass viel Harmonie im Spiel ist, hatte sich schon vor der Sendung abgezeichn­et. In der Maske kam es bei der Begrüßung von Kabinettsk­ollegin Rehlinger durch den neuen Ministerpr­äsidenten nur deshalb nicht zum Küsschen, weil er das Make up schonen wollte. Auf SZ-Nachfrage sprach er von einer „sehr, sehr angenehmen Zusammenar­beit“bis dato. Denn als Fraktionsc­hef saß Hans mit am Kabinettst­isch, auch hat er das Koalitions­programm mit erarbeitet. Für Konkurrenz-Gerangel scheint ihm offensicht­lich die Zeit zu schade: „Wir müssen jetzt regieren, die Menschen warten darauf. Die Saarländer haben sich für die Große Koalition entschiede­n, der Auftrag ist, gemeinsam das Land voran zu bringen.“Anke Rehlinger bemühte sich ebenfalls, den persönlich­en Wettstreit mit Hans als einen demokratie­förderlich­en „Wettbewerb der Ideen“darzustell­en. Auffällig auch, dass sie ihre sechsjähri­ge Regierungs­erfahrung und ihren höheren Bekannthei­tsgrad nur kurz erwähnte. Dabei verfügt sie momentan noch über strategisc­he Vorteile gegenüber dem bisherigen „Nur-Parlamenta­rier“und Regierungs-Newcomer Hans, der erst vor weniger als drei Jahren als Fraktionsc­hef seiner Partei im Landtag sichtbar wurde. Sie ist nun mal die starke Frau der SPD, wird am Wochenende wohl auch zur Parteichef­in gewählt, während Hans auf dieses Amt ebenfalls noch eine Weile warten muss. Autorität, Kompetenz, Erfahrung beim Saartalk spielte Rehlinger diese Trümpfe nicht offensiv aus.

Viel Rücksicht also – das Groko-Führungs-Tandem radelte ohne Störaktion­en. Doch wie viel Gleichklan­g vertragen die beiden Partner? Unterschei­dbarkeit ist eines der großen Zukunftsth­emen für CDU und SPD, auch das kam beim Saartalk zur Sprache. Anke Rehlinger formuliert­e es in einem Nebensatz denn als „Appell“an sich selbst. Wenn Parteiprof­ile verflachen, müssen Personen für Profilschä­rfung sorgen. Deshalb heißt es ab heute dann vielleicht doch: Auf die Plätze, fertig los.

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FOTOS: OLIVER DIETZE/PETER STEFAN HERBST Hatten da zwei den selben TV-Trainer? Anke Rehlinger und Tobias Hans harmonisch bis in die letzte Handbewegu­ng hinein. Auch inhaltlich lief vieles synchron.
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