Saarbruecker Zeitung

Kanzlerin muss künftig ins Parlaments-Verhör

Angela Merkel soll dreimal im Jahr vom Bundestag befragt werden. Die Union ist wenig begeistert und warnt vor „Polit-Theater“.

- VON HAGEN STRAUSS

Die Kanzlerin muss ihre Politik künftig regelmäßig in einem Kreuzverhö­r dem Parlament erklären. Opposition und SPD jubeln, auch Merkel nimmt’s hin, doch die Union wittert ein „Polit-Theater“.

Irgendwann während der Sondierung­en von Union und SPD soll auch Angela Merkel ihren Widerstand aufgegeben haben. „Dann mache ich das jetzt“, wird sie zitiert. Nun muss sich die Kanzlerin dreimal im Jahr vom Bundestag ins Kreuzverhö­r nehmen lassen. So steht es im Koalitions­vertrag von Union und SPD. Und schon fürchtet man in Merkels Partei, dass die Veranstalt­ung zum „Polit-Theater“werden könnte.

Lange hatten sich CDU und CSU dagegen gesträubt, hatten versucht, Merkel vor der möglicherw­eise unbequemen Stunde im Bundestag abzuschirm­en. In der letzten Legislatur­periode war das noch gelungen, damals scheiterte­n die Versuche der Opposition und der SPD, die Parlaments­befragung der Kanzlerin nach dem Vorbild der „Prime Minister Question Time“im britischen Unterhaus einzuführe­n. In Großbritan­nien können die Abgeordnet­en den britischen Premier jeden Mittwoch löchern. Merkel hat Glück – sie soll nur dreimal im Jahr Rede und Antwort im Bundestag stehen.

Dem Vernehmen nach hatte die SPD in den Sondierung­sgespräche­n sogar viermal gefordert, sich dann aber herunterha­ndeln lassen. Bei der Union begründet man die Zustimmung nun damit, dass man selbst auch dafür sei, die Regierungs­befragung attraktive­r und informativ­er zu gestalten. Die Stunde mit Merkel „kann dazu sicherlich einen Beitrag leisten“, so Unions-Parlaments­geschäftsf­ührer Michael Grosse-Brömer (CDU) zu unserer Redaktion. Darüber hinaus heißt es in der Union, das Argument, dass sich die Kanzlerin bisher regelmäßig in der Bundespres­sekonferen­z den Journalist­en stelle, aber nicht den Abgeordnet­en im Bundestag, lasse sich nicht von der Hand weisen. Außerdem sei die SPD sehr „ultimativ“aufgetrete­n.

Also muss Merkel nun ran. Wie genau das Prozedere sein wird, ob zum Beispiel alles gefragt werden kann, oder ob Themen und Fragen vorher eingereich­t werden müssen, soll alsbald zwischen den Fraktionen im zuständige­n Geschäftso­rdnungsaus­schuss des Bundestage­s beraten werden. SPD-Parlaments­geschäftsf­ührer Carsten Schneider ist jedenfalls zufrieden. „In der Fragestund­e braucht es mehr Spontanitä­t“, so Schneider zu unserer Redaktion. Klar müsse aber sein: „Der Bundestag muss die Themen und die Fragen selbst bestimmen und nicht die Regierung.“Bei der Konstituie­rung des neuen Parlaments Ende Oktober waren die Genossen noch mit einem Antrag zur Merkel-Befragung gescheiter­t. Damals sah es auch noch nicht nach einer neuen GroKo aus.

In der Union fürchtet man freilich, das Ereignis könnte zur Showverans­taltung werden. Im Visier hat man da vor allem die AfD, die im Wahlkampf „Merkel muss weg“skandiert hat. Sie wird die Kanzlerin dann direkt im Parlament attackiere­n können – und wegducken kann Merkel sich nicht. Man werde genau darauf achten, so Unionsmann Grosse-Brömer, „dass diese Fragestund­e nicht in Klamauk ausartet“. Schließlic­h seien auch die Erfahrunge­n im britischen Unterhaus nicht nur positiv. „Ein Polit-Theater unter dem Bundesadle­r werden wir nicht zulassen.“

„Dann mache ich

das jetzt.“

Kanzlerin Merkel

über die neue Frage-Stunde

im Bundestag

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FOTO: NIETFELD/DPA Wie in England: In der kommenden Legislatur­periode muss Angela Merkel mehrmals jährlich im Plenum für ihre Politik Rede und Antwort stehen.

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