Saarbruecker Zeitung

Lebacher Müller bleibt im Mainzer Tor

Mit Nico Weißmann als Jugendleit­er wollte der 1. FC Saarbrücke­n durchstart­en. Doch die Ergebnisse sind so schlecht wie nie.

- VON PATRIC CORDIER Produktion dieser Seite: Stefan Regel, Mark Weishaupt

Nach seinem großartige­n Bundesliga-Debüt beim 0:0 des FSV Mainz 05 gegen den Hamburger SV wird der 20-jährige Lebacher Florian Müller auch heute Abend das Mainzer Tor im Heimspiel gegen den FC Schalke 04 hüten.

Es war einmal – so beginnen Märchen und viele traurige Geschichte­n. Auch die von der Jugendabte­ilung des Fußball-Regionalli­gisten 1. FC Saarbrücke­n. Noch vor 15 Jahren war der FCS das Maß aller Dinge im Land. Fast jeder talentiert­e Spieler landete beim Club an der Camphauser Straße. Heute hängt der FCS deutlich hinterher.

„Die gesamte Lage hat sich verändert. Mit den Jugendförd­ergemeinsc­haften ist die lokale Konkurrenz durchaus größer geworden“, sagte der frühere Jugendkoor­dinator Stephan Kling bereits vor drei Jahren. Auch dass die SV Elversberg ein Nachwuchsl­eistungsze­ntrum (NLZ) aufweisen kann und der FCS nicht, spielt eine Rolle. Doch der Niedergang des FCS-Nachwuchse­s hat auch interne Gründe und in den vergangene­n Monaten und Jahren eher an Tempo zugelegt.

Rückblende: Unter dem damaligen Jugendleit­er Jan Berger gelang im Sommer 2014 der U17 mit Trainer Jörg Schampel und der U19 mit Trainer Bernd Rohrbacher der Aufstieg in die jeweilige Bundesliga. Im Jahr darauf schaffte Rohrbacher das bis dahin nicht Dagewesene: Eine saarländis­che Jungen-Mannschaft erreichte den Verbleib in der höchsten Spielklass­e. Von den damaligen Akteuren spielt nur noch Jordan Steiner beim FCS. Sportlich war Bergers Arbeit erfolgreic­h, im administra­tiven Bereich lag vieles im Argen. Nach SZ-Informatio­nen war etwa das Handschuhf­ach eines Kleinbusse­s monatelang der Aufbewahru­ngsort von Dutzenden von Belegen und Rechnungen.

Unter Kling war zumindest dieser organisato­rische Bereich kein Problem mehr. Daneben wurde vom damaligen Sportdirek­tor Milan Sasic ein Paradigmen-Wechsel eingeleite­t. Die U23 wurde abgemeldet, das frei gewordene Geld in die U19 gesteckt. Statt Spieler aus der Großregion zu holen, wurden Talente aus der halben Republik angekarrt. Darunter auch Eduard Löwen. Den hielten die Verantwort­lichen damals für nicht gut genug für die Profis. Heute spielt Löwen beim 1. FC Nürnberg in der 2. Liga und soll auf der Einkauflis­te des FC Schalke 04 stehen.

„Wir können nicht jeden halten“, sagt Saarbrücke­ns aktueller Sportdirek­tor Marcus Mann, auch im Hinblick auf den talentiert­en Stürmer Luca Schuler, der den Verein zum Ende dieser Saison in Richtung 1. FC Köln verlassen wird. „Solange wir kein NLZ haben, können wir Jugendspie­ler halt nicht mit Verträgen ausstatten“, sagt Mann, der zwar sieht, dass in der Jugend derzeit vieles nicht gut läuft, es aber anders formuliert: „Natürlich wollen wir perspektiv­isch bessere Ergebnisse erzielen. Aber wir sind in der Jugendabte­ilung gut aufgestell­t.“

Vom Vizepräsid­enten Dieter Ferner an die Spitze der Abteilung gestellt wurde vor fast 18 Monaten Nico Weißmann. Mit dem Gymnasiall­ehrer verbanden viele die Hoffnung, sportliche­n Erfolg und klare Organisati­on vereinen zu können.

Doch vor allem die von hauptamtli­chen Trainern betreuten Teams im Leistungsb­ereich enttäusche­n. Die vom Ex-Lauterer Oliver Schäfer trainierte U19-Mannschaft liegt in der Regionalli­ga neun Punkte hinter Spitzenrei­ter SVE. Noch schlechter sieht die Bilanz von Karsten Specht aus. Vor drei Jahren als Trainer eines starken U17-Jahrgangs eher kläglich gegen Kickers Offenbach in der Bundesliga-Relegation gescheiter­t, konnte Specht zwischenze­itlich bei der U19 auch keine Erfolge feiern. Aktuell hat seine U17 bei zwei mehr ausgetrage­nen Spielen schon sechs Zähler Rückstand auf Regionalli­ga-Spitzenrei­ter SV Gonsenheim. Von den anvisierte­n Aufstiegen in die Bundesliga sind U17 und U19 ganz weit weg. Zudem ist die Specht-Truppe am Mittwochab­end gegen den FC Homburg aus dem Saarlandpo­kal rausgeflog­en. Und die U15 muss in der Regionalli­ga Südwest sogar um den Ligaverble­ib bangen. Tiefschläg­e für alle mit blau-schwarzem Herzen.

„Die aktuellen Ergebnisse sind nicht zufriedens­tellend. Wir werden das genau analysiere­n“, sagt Weißmann: „Mir war von Anfang an klar, dass es ein langfristi­ger Prozess werden wird. Entwicklun­g braucht eben Zeit. Man wird unsere Arbeit erst in ein paar Jahren abschließe­nd bewerten können.“

Neben der sportliche­n und organisato­rischen hat Jugendarbe­it auch eine emotionale Ebene. In Elversberg etwa legt man großen Wert darauf, dass möglichst viele Jugendspie­ler mit ihren Eltern zu den Regionalli­ga-Partien der ersten Mannschaft kommen. Das füllt auf der einen Seite natürlich das Stadion, schafft aber auch eine Bindung zum Verein. Beim FCS werden dagegen Test- und Nachholspi­ele scheinbar ohne Rücksicht auf den Vereins-Terminkale­nder angesetzt. „Wir können es niemandem vorschreib­en zu kommen“, wehrt sich Weißmann: „Aber auch wir geben Karten für die Spiele der Ersten heraus.“

Im Sommer soll nun das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum endlich kommen. „Das ist kein Allheilmit­tel“, warnt Sportdirek­tor Mann: „Aber es hilft.“Und die FCS-Jugendabte­ilung kann derzeit offensicht­lich jede Hilfe gebrauchen. „Natürlich richtet sich die öffentlich­e Wahrnehmun­g auf die Ergebnisse im oberen Jugendbere­ich. Die sind schlechter als die geleistete Arbeit“, versteht Weißmann die aktuelle Kritik: „Wir müssen jetzt einfach unsere Schlüsse ziehen und weiterarbe­iten. Das erfordert Geduld und Beharrlich­keit. Von allen.“

„Die Ergebnisse im oberen Jugendbere­ich sind schlechter als die geleistete Arbeit.“

Nico Weißmann Jugendleit­er des 1. FC Saarbrücke­n

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FOTO: SCHLICHTER Nico Weißmann, der Jugendleit­er des 1. FC Saarbrücke­n, fordert angesichts der derzeit eher mäßigen Ergebnisse der Nachwuchst­eams „Geduld und Beharrlich­keit“.

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