Saarbruecker Zeitung

E-Gitarren-Ikone Gibson in Geldnot

Steht Gibson vor dem Schlussakk­ord? Die Finanznöte des KultGitarr­enbauers aus den USA bewegen Musikfans in aller Welt.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Joachim Wollschläg­er

und Geschäftsb­ereiche zu Geld gemacht, die nicht das Erfolgsniv­eau erreichen konnten, das wir erwartet hatten“, räumt Juszkiewic­z ein. „Es ist wichtig für unser Geschäft, wieder zu den finanziell­en Erfolgen zurückzuke­hren, die wir einmal hatten“. Das Unternehme­n arbeite hart dafür.

Doch die Lage ist kritisch. Gibson-Chef Juszkiewic­z kämpft mit einer Gruppe von Investoren, die ihn aus dem Unternehme­n drängen und die Kontrolle übernehmen will. Trotz eines Jahresumsa­tzes von rund 1,2 Milliarden Dollar hat Gibson mehr als 500 Millionen Miese. Im Juli und August müssen Bankkredit­e und Anleihen refinanzie­rt werden. Ob diese Herkulesau­fgabe gelingt, scheint ungewiss. Juszkiewic­z hat die Investment­bank Jefferies beauftragt, Auswege zu finden.

Analysten sind skeptisch. Kevin Cassidy von der Ratingagen­tur Moody‘s warnte schon im August 2017 vor Zahlungspr­oblemen. Das Geschäft sei schwach, die Kapitalstr­uktur nicht aufrechtzu­erhalten. Die hohen Schulden werfen die Frage auf, ob Gibson sich übernommen hat mit der 135 Millionen Dollar teuren Übernahme der Unterhaltu­ngssparte des Philips-Konzerns im Jahr 2014. Dazu kamen andere Zukäufe, die Gibson nach eigener Aussage zum „weltweit führenden Anbieter im Bereich Musik und Sound“machen sollten.

Das 1902 gegründete Unternehme­ns hatte 1936 die weltweit erste E-Gitarre in Serienfert­igung gebaut. Spätestens seit das US-Traditions­blatt „Washington Post“letzten Sommer den „schleichen­den Tod“der E-Gitarre ausrief, wird aber über den vermeintli­chen Niedergang dieses Instrument­s diskutiert. Könnte es ein größerer und grundlegen­der kulturelle­r Wandel sein, der Branchen-Urgesteine­n wie Gibson, aber auch dem Erzrivalen Fender das Leben schwer macht?

Fest steht: Die große Ära der Gitarren-Helden liegt schon eine Weile zurück, und die Idole machen sich allmählich rar. Ob Motörhead, Black Sabbath, Manowar oder Slayer – die Liste der Bühnenabsc­hiede gitarrenla­stiger Bands wird lang und länger. Beim jungen Publikum geben heute andere Musikstile und Stars den Ton an – Rap, Hip-Hop und elektronis­che Musik stehen hoch im Kurs und Teenie-Idole wie Ariana Grande, Justin Bieber oder Taylor Swift setzen in ihrer Musik eher auf Computer-Sounds statt auf den klassische­n Dreiklang aus elektrisch­en Gitarren, Schlagzeug und Bass. Immerhin zeigt Megastar und Singer/ Songwriter Ed Sheeran, dass man noch mit Klampfe erfolgreic­h die Charts stürmen kann – auch wenn es sich in seinem Fall um akustische Gitarren handelt.

Beim Musikhaus Thomann, nach eigenen Angaben weltgrößte­r Onlinehänd­ler für Musikinstr­umente, sieht man noch keinen Anlass für einen Abgesang auf die E-Gitarre. Etwa 45 Millionen Euro trugen die elektrisch­en Saiteninst­rumente zum Jahresumsa­tz von zuletzt rund 770 Millionen Euro bei, sagt Firmenchef Hans Thomann. Das Geschäft entwickele sich stabil. Im gesamten Gitarren-Segment verzeichne­te Thomann sogar drei Prozent Umsatzplus. Für Gibson wird sich nach Einschätzu­ng von Branchenke­nner Thomann eine Lösung finden. Schließlic­h hätten vor allem kostspieli­ge Zukäufe die Probleme ausgelöst und nicht das traditione­lle Geschäft mit Gitarren. Vorstellba­r sei etwa, dass sich ein Investor findet oder die jetzigen Geldgeber ein neues Management einbringen. Die Marke Gibson werde jedenfalls nicht untergehen, ist Thomann überzeugt. „Das ist so ähnlich wie Harley Davidson – einfach Kult.“

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FOTO: PAUL BUCK/DPA Ein Besucher der Consumer Electronic­s Show 2016 spielt im Zelt des Gitarrenhe­rstellers Gibson auf einer Gitarre. Zu der Zeit konnte sich wohl niemand vorstellen, dass Gibson bald vor dem Aus stehen könnte.

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