Rehlinger: „Ich hätte eher auf Toscani getippt“
Der neue Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) tritt erstmals mit Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) vor die Kamera.
Der Saartalk ist ein gemeinsames Format von SR und SZ. Diesmal stellen sich die saarländische Wirtschaftsministerin und Vize-Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD) und der neue Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ). Oliver Schwambach hat das Gespräch in Auszügen dokumentiert.
Herbst: Vor einem Jahr hat die CDU die Landtagswahl auch deshalb gewonnen, weil viele Saarländer wollten, dass Annegret Kramp-Karrenbauer Ministerpräsidentin bleibt. Kramp-Karrenbauer als Spitzenkandidatin gewählt, 12 Monate später Tobias Hans als Ministerpräsident bekommen: Können Sie verstehen, dass einige CDU-Wähler da enttäuscht sind?
HANS Ja, natürlich kann ich das verstehen. Viele haben auch ihr Kreuz bei der CDU gemacht, weil Annegret Kramp-Karrenbauer als eine der beliebtesten Ministerpräsidentinnen in Deutschland zur Wahl gestanden hat. Viele haben aber auch ihr Kreuz bei der CDU gemacht, weil sie stabile Verhältnisse in diesem Land wollten. (...)
Klein: Das ist ja der erste gemeinsame Auftritt von Ihnen beiden.Wie fühlen Sie sich in dieser neuen Situation?
REHLINGER Wir kennen uns schon eine ganze Weile, insofern sind wir uns nicht ganz fremd. (...) Ich glaube, das lässt sich nach den ersten Tagen ganz vernünftig an.
Herbst: Wie lange waren Sie schon der heimliche Kronprinz von Annegret Kramp-Karrenbauer? Und warum Sie und nicht Stephan Toscani? Der hat zumindest zwei große und wichtige Ministerien im Land geführt.
HANS Man hat ja der CDU im Bund lange vorgeworfen, dass es keine Zukunftsoption gibt, keine Nachfolgeoption nach einer Zeit Angela Merkel. Ich glaube, auf Bundesebene sind diese kritischen Stimmen mittlerweile erloschen. Da können wir im Saarland froh sein, dass es in der CDU auch mehrere Optionen gibt. (...)
Klein: Hatten Sie Tobias Hans auf dem Zettel?
REHLINGER Also ich hätte eher auf Stephan Toscani getippt, das muss ich ehrlicherweise zugeben.(...)
Herbst: Es macht sich auch Unmut bei den Bürgern an den großen Koalitionen fest, hier im Land zuletzt durch den Landessportverband LSVS, wo Politiker aus CDU und SPD auch den Sport vereinnahmt haben. Das hat auch zum Rücktritt des Landtagspräsidenten geführt. Was muss sich da ändern?
HANS Ich glaube schon, dass Politiker sich gesellschaftlich engagieren sollen. Ich wünsche mir ein Parlament mit Abgeordneten, die auch in den Vereinen sind. (...) Das sind meines Erachtens die Nerven in die Lebenswirklichkeit. (...)
Klein: In diesem Fall aber hat Politik das Geschäft nicht ordentlich gemacht.
HANS Ich habe auch oft erlebt, dass es andere Beispiele gibt. Ich habe mit Günter Waluga und Eugen Roth, beide SPD-Kollegen, ganz viel erreichen können für den Sport in meiner Region. (...) Aber ich gebe Ihnen recht, wir müssen mehr Transparenz in dieses System reinbringen. (...) Es darf nicht der Eindruck entstehen, man ruft einfach irgendwo an, und dann funktionieren irgendwelche Systeme. (...)
Herbst: Bei vielen Wählern kommt aber an, da herrscht Filz und Vetternwirtschaft. Wenn die Lebensgefährtin des Landtagspräsidenten als Büroleiterin auch im Sportverband arbeitet und dafür Geld bekommt, ist das vielen im Land nicht zu vermitteln. Hat Politik da Schaden genommen?
REHLINGER Ich glaube, dass die Vorgänge beim Landesportverband so nicht akzeptabel sind. (...) Sie sind ja noch nicht mal alle aufgearbeitet, das müssen wir leider auch feststellen. (...) Viele Sachen sind da auch in zu kleinem Kreis geregelt worden. Deswegen ist neben Transparenz auch das Thema Kontrolle ein wichtiges. (...)
Herbst: Als einer Ihrer Stellvertreter beim Parteitag an diesem Wochenende kandidiert der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind. Der steht wegen einer Überwachungsaffäre schwer in der Kritik. Völlig unabhängig von der Unschuldsvermutung: Ist jemand, der 330 000 Euro für eine Detektei ausgibt, um Mitarbeiter zu überwachen, eine kluge Wahl für einen Stellvertreterposten in der Landes-SPD?
REHLINGER Ich bin mir ganz sicher, dass Rüdiger Schneidewind diese Entscheidung so nie mehr treffen würde, die Aufklärung auf diese Art und Weise in seiner Stadtverwaltung zu betreiben. (...) Es war sicher ein Fehler, es so zu tun, in der politischen Bewertung (...) Ich glaube aber auch nicht, dass man jemand dafür, dass er einen Fehler gemacht hat, auch wenn es ein schwerer Fehler war, für immer und ewig von allem ausschließen sollte. (...)