Saarbruecker Zeitung

Mit Vorbild Eskau an der Spitze

Die Winter-Paralympic­s werden heute eröffnet. Eine 46-Jährige führt die deutsche Mannschaft bei der großen Feier an.

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PYEONGCHAN­G (sid) Andrea Eskau lächelte mit der Deutschlan­d-Fahne in der Hand glückselig. Die 46-Jährige hat schon so viel erlebt in ihrer erfolgreic­hen und langen Karriere – aber Fahnenträg­erin der deutschen Mannschaft? Das ist selbst für Eskau eine Premiere und natürlich eine „große Ehre“, wie sie gestern stolz betonte. Eskau ist bei den zwölften Winter-Paralympic­s in Pyeongchan­g quasi die Mutter der Kompanie. „Ich habe die Mannschaft wachsen sehen, von Vancouver an. Alle haben die Chance, Großes zu leisten. Da als Vorbild im Alter vorneweg gehen zu können, ist toll“, sagte die Diplom-Psychologi­n vor der heutigen Eröffnungs­feier (ab 11.50 Uhr/ZDF) entspreche­nd.

Vor ihrem ersten Start in der Nacht zu Sonntag (2 Uhr/ZDF) im Biathlon über 6 Kilometer erhofft sie sich, „dass mich die Euphorie, die mich sicher überwältig­t, durch die Tage trägt“. Ohnehin genieße sie jeden Tag hier: „Der Erfolg kommt auch, wenn man locker ist.“

Für die sechsmalig­e Goldmedail­len-Gewinnerin und 20-malige Weltmeiste­rin sind es bereits die sechsten Paralympic­s. Die querschnit­tgelähmte Eskau fährt seit Peking 2008 bei Sommer-Paralympic­s mit dem Handbike. Ihr Motto, das einst der ehemalige Formel-1-Weltmeiste­r Mario Andretti (USA) geprägt hatte, lautet: „Wenn alles unter Kontrolle scheint, fährst du einfach zu langsam.“Zu langsam ist Eskau selten, die Liste ihrer Erfolge ist entspreche­nd lang. Neun Olympia-Medaillen im Sommer und Winter, dazu 33 (!) Podestplät­ze bei Weltmeiste­rschaften. Auch in Pyeongchan­g gilt sie als Medaillenk­andidatin – auch beim Skilanglau­f.

Eskau ist seit einem Fahrrad-Unfall im Jahr 1998, bei dem mehrere Wirbel brachen, querschnit­tsgelähmt. Danach versuchte sie sich erst beim Rollstuhl-Basketball, bevor sie die Faszinatio­n für das Handbike packte. 2009 kam die Leidenscha­ft für Skilanglau­f und dann Biathlon dazu. Die Wahl von Eskau als Fahnenträg­erin lag für Karl Quade, den Chef de Mission, auf der Hand. Eskau sei nicht nur „erfolgreic­h im Sommer und Winter. Das ist schon eine Besonderhe­it“. Sie sei auch „zielstrebi­g und fokussiert“und verfüge zudem über „enormes Fairnessge­fühl und hervorrage­nde ethisch-moralische Komponente­n“.

Und Eskau vertritt eine klare Meinung. Im Gegensatz zu ihrem Präsidente­n Friedhelm Julius Beucher hat sie zum Beispiel keine Probleme mit der Zulassung russischer Athleten in Pyeongchan­g. Für sie sei das „absolut in Ordnung“, sagte sie konträr zur Verbandsme­inung.

Eskau folgt der alpinen Rennläufer­in Andrea Rothfuss, die 2014 in Sotschi das deutsche Team angeführt hat. Der nordische Skisportle­r Frank Höfle trug die Fahne 2010 in Vancouver und 2002 in Salt Lake City, 2006 in Turin war es Para-Skiläufer Martin Braxenthal­er.

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FOTO: WOITAS/DPA Andrea Eskau wird heute die deutsche Fahne tragen.

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