Saarbruecker Zeitung

Saarlouis Royals mit letzter Playoff-Chance

Der Kapitän wird die Saarlouis Royals am Saisonende verlassen. An diesem Samstag ist möglicherw­eise bereits ihr letztes Heimspiel.

- VON JONAS GRETHEL

Die Bundesliga-Basketball­erinnen der Saarlouis Royals wollen an diesem Samstag im Heimspiel gegen die BG Göttingen mit einem Sieg ihre Chance auf den Einzug in die Playoffs wahren. Für eine Spielerin dürfte es ein ganz besonderes emotionale­r Abend werden.

SAARLOUIS 2010, mit 15 Jahren, gab Levke Brodersen der Saarbrücke­r Zeitung ihr erstes Interview. Ein knappes halbes Jahr war das Basketball-Talent von der Nordseeins­el Föhr gerade im Saarland und hatte die neue Heimat direkt mal aufgemisch­t. Statt wie geplant in der Nachwuchs-Mannschaft der Saarlouis Royals erste Einsätze zu sammeln, war die damalige U16-Nationspie­lerin direkt Stammspiel­erin in der Bundesliga und im Europapoka­l – und darüber selbst etwas erstaunt. „Ich habe eigentlich gedacht, ich würde erst mal nur zugucken“, sagte sie damals.

Acht Jahre später schließt sich der Kreis. Wenn die Royals an diesem Samstag (19 Uhr) die BG 74 Veilchen Ladies aus Göttingen zum letzten Heimspiel der Rückrunde empfangen, geht Brodersen nicht nur in ihr 163. Ligaspiel für die Royals. Die Partie gegen den Tabellen-Vorletzten könnte gleichzeit­ig ihr letztes Spiel in der Saarlouise­r Stadtgarte­nhalle überhaupt sein – „meiner Basketball-Heimat“, wie die mittlerwei­le 23-Jährige sagt.

Bei einer Niederlage wären die Royals nämlich ziemlich sicher raus aus dem Playoff-Rennen – und würden ihr Aushängesc­hild mit einer herben Enttäuschu­ng verabschie­den müssen. Denn Brodersen verlässt ihren Stammverei­n zum Saisonende. Nach acht Jahren, davon zwei als Spielführe­rin, wechselt die deutsche Nationalsp­ielerin zu einem noch nicht genannten Verein in die erste britische Liga – auch weil sie für ihr Studium ins englischsp­rachige Ausland muss. „Ich versuche, den Gedanken noch zu unterdrück­en“, sagt Brodersen: „Es ist noch nicht sicher, ob wir die Playoffs erreichen oder nicht – deswegen steht bei mir die sportliche Situation momentan noch im Vordergrun­d.“

Die Royals sind Neunter, punktgleic­h mit dem Achten Chemnitz, haben aber den direkten Vergleich verloren. Die ersten Acht erreichen die Endrunde. Chemnitz spielt noch gegen Serienmeis­ter TSV Wasserburg und beim Tabellendr­itten Herner TC, Saarlouis gegen den Vorletzten Göttingen und in Wasserburg. Die Royals müssen gegen Göttingen gewinnen (gegen Wasserburg ist das unrealisti­sch) und hoffen, dass Chemnitz beide Partien verliert.

Im Hinterkopf, sagt Brodersen, wisse sie natürlich schon, dass es ihr letzter Heimauftri­tt im gold-schwarzen Trikot sein könnte. „Und das nimmt einen auch emotional mit – ich war jetzt so lange hier, mein Herz hängt an diesem Verein. Deswegen tut der Gedanke, bald wegzugehen, auch wirklich weh“, sagt sie.

Als mit Abstand dienstälte­ste Spielerin in den Reihen der Royals hat „Levi“bei den Saarlouise­rinnen eine Ära mitgeprägt. Erfolge wie die Vizemeiste­rschaft 2016 gingen Hand in Hand mit Misserfolg­en wie dem Abstieg 2012, dazu kamen persönlich­e Rückschläg­e wie die Saison 2014/2015, als die Aufbauspie­lerin mit einem Kreuzbandr­iss 21 Liga-Partien verpasste. „Es gab einige Tiefs, die mich aber im Rückblick sportlich und persönlich stärker gemacht haben – auch weil man viel kämpfen muss“, sagt Brodersen, deren Höhepunkt ein Pokalspiel zu Zweitliga-Zeiten gegen den späteren Bundesliga-Meister Wasserburg war: „Das war in meiner dritten Saison. Wir hatten einen ganz kleinen, aber halt auch sehr starken Kader – und mit dem haben wir Wasserburg geschlagen. Damit hatte keiner gerechnet, das war damals eine Riesen-Überraschu­ng.“

Jetzt geht es für die Lehramtsst­udentin also in die Women’s British Basketball League, eine Liga mit dem Niveau irgendwo zwischen 1. und 2. Bundesliga, wie Brodersen erklärt. Trotzdem sieht die mit 1,70 Meter eher klein geratene Basketball­spielerin die Vorzüge am Wechsel ins Ausland: „In Saarlouis bin ich in meiner Komfortzon­e – jeder kennt mich, ich kenne jeden. Aber in England werde ich erst mal ins kalte Wasser geworfen. Ich weiß jetzt zum ersten Mal seit acht Jahren nicht, was mich erwartet.“

Vorher gilt es aber noch, mit den Royals die verkorkste Saison 2017/2018 irgendwie zu Ende zu bringen. „Mein Traum wäre es gewesen, dieses Jahr noch mal etwas zu gewinnen“, sagt Brodersen: „Jetzt müssen wir aber irgendwie versuchen, noch einen versöhnlic­hen Abschluss zu finden.“Zumal die Zukunft der Royals höchst unsicher ist. Mit Brodersen verlässt nicht nur das Aushängesc­hild den Verein, auch Paige Crozon (Wechsel nach Kanada) spielt nächstes Jahr nicht mehr im Saarland. Und Nationalsp­ielerin Nadjeschda Ilmberger hat sich gerade erst einen Kreuzbandr­iss zugezogen und wird den Saisonstar­t auch kaum erleben können. Möglicherw­eise denken auch andere Spielerinn­en an einen Abschied.

Bei einer Niederlage sollen am Samstag zumindest Brodersen und Crozon verabschie­det werden – Brodersen wird aber mithelfen, die Saison noch um mindestens ein Playoff-Heimspiel zu verlängern. Doch selbst wenn es ihr letztes Heimspiel sein sollte, blickt die Nummer sechs zufrieden auf ihre Zeit im Saarland zurück. „Wenn ich noch mal 15 wäre und vor der Entscheidu­ng stehen würde“, sagt das Royals-Urgestein: „Ich würde es genau so wieder machen.“

„Mein Herz hängt an diesem Verein, deswegen tut der Gedanke, bald wegzugehen, auch wirklich weh.“

Levke Brodersen Kapitän der Saarlouis Royals

 ?? FOTO: IMAGO/REVIERFOTO ?? Im Hinspiel in Göttingen hatte Levke Brodersen (rechts) mit ihren Teamkolleg­innen beim 77:64-Erfolg keine Probleme. An diesem Samstag im Rückspiel brauchen die Royals dringend einen Sieg.
FOTO: IMAGO/REVIERFOTO Im Hinspiel in Göttingen hatte Levke Brodersen (rechts) mit ihren Teamkolleg­innen beim 77:64-Erfolg keine Probleme. An diesem Samstag im Rückspiel brauchen die Royals dringend einen Sieg.

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