Saarbruecker Zeitung

Zwei Energie-Riesen sortieren sich neu

Der Energierie­se RWE setzt jetzt auf Ökostrom. Er will seine Tochter Innogy zerschlage­n und den Grünstrom des bisherigen Rivalen Eon übernehmen.

- Produktion dieser Seite: Lothar Warscheid Pascal Becher

Die Energierie­sen RWE und Eon rücken enger zusammen und sortieren ihr Geschäft neu. RWE wird für Öko-Energie zuständig, und Eon spezialisi­ert sich auf die Strom- und Gasnetze. Die RWE-Tochter Innogy soll zerschlage­n werden.

ESSEN/SAARBRÜCKE­N (dpa/low) In der deutschen Strombranc­he bahnt sich eine spektakulä­re Neuordnung an. Die beiden Energierie­sen Eon und RWE wollen ihre Geschäfte komplett neu aufteilen. Eon will die RWE-Ökostrom- und Netztochte­r Innogy übernehmen und im Gegenzug den langjährig­en Konkurrent­en RWE am eigenen Unternehme­n beteiligen. Die gestern von beiden Konzernen überrasche­nd veröffentl­ichte Vereinbaru­ng sieht im Kern vor, dass Eon das lukrative Netzgeschä­ft von Innogy erhält, während die erneuerbar­en Energien unter dem Dach von RWE vereint werden sollen. Innogy würde damit zerschlage­n.

RWE hatte das eigene Geschäft mit erneuerbar­en Energien, dem Vertrieb und dem Netz erst im Oktober 2016 unter dem Namen Innogy an die Börse gebracht. Seitdem hält RWE noch knapp 76,8 Prozent an Innogy. RWE behielt die konvention­ellen Großkraftw­erke und den Strom-Großhandel.

Durch den Deal mit Eon sollen die Erneuerbar­en jetzt zu RWE zurückkehr­en. Zudem soll RWE das bisherige Eon-Geschäft mit den Ökoenergie­n übernehmen. Eon würde im Gegenzug zu einem Unternehme­n, das sich ganz auf die Energienet­ze und das Endkundeng­eschäft konzentrie­rt, wie es in der Mitteilung heißt. Die Stromnetze sind schon jetzt der verlässlic­hste Gewinnbrin­ger von Eon, zuletzt steuerten sie rund 65 Prozent der Erträge bei.

Der Vereinbaru­ng zufolge soll RWE für den Verkauf von Innogy eine Beteiligun­g an Eon in Höhe von knapp 16,7 Prozent erhalten. RWE würde damit der größte Einzelakti­onär von Eon. An RWE sollen zudem Innogys Gasspeiche­rgeschäft und die Beteiligun­g am österreich­ischen Energiever­sorger Kelag gehen. Den übrigen Innogy-Aktionären will Eon ein freiwillig­es Übernahmea­ngebot mit einem Gesamtwert von 40 Euro je Aktie unterbreit­en. Die Vereinbaru­ng zwischen Eon und RWE muss noch von den Gremien beider Konzerne und den Kartellbeh­örden genehmigt werden.

Über einen Verkauf von Innogy ist in den vergangene­n Monaten wiederholt spekuliert worden. Noch vor einer Aufsichtsr­atssitzung am vergangene­n Dienstag hatte das Unternehme­n versichert, es würden bei dem Treffen „keine wie auch immer gearteten Szenarien in Bezug auf einen Verkauf des Unternehme­ns behandelt“. Innogy hat rund 44 000 Mitarbeite­r und wurde an der Börse zuletzt mit etwa 20 Milliarden Euro bewertet.

Der bislang wichtigste Gewinnbrin­ger von RWE steht seit geraumer Zeit unter Druck. Wegen andauernde­r Probleme auf dem britischen Markt musste Innogy die Gewinnprog­nose für 2017 kappen. Nach einem Absturz des Börsenkurs­es räumte Vorstandsc­hef Peter Terium seinen Posten. Der Aufsichtsr­at um den Mehrheitse­igentümer RWE mahnte Kostendisz­plin und eine focussiert­e Investitio­nsstrategi­e an. Seitdem führt Personalvo­rstand Uwe Tigges kommissari­sch den Vorstand. Innogy-Finanzvors­tand Bernhard Günther war vergangene Woche Opfer einer Säureattac­ke geworden. Unbekannte hatten ihn angegriffe­n und zu Boden geworfen. Sie schütteten ihm Säure ins Gesicht und verschwand­en. Günther erlitt schwerste Verletzung­en und schwebte zeitweise in Lebensgefa­hr.

Die Pläne stoßen unter einflussre­ichen kommunalen Aktionären der bisherigen Mutter RWE auf Vorbehalte. „Ich sehe den Deal skeptisch“, sagte Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke DSW21, dem „Handelsbla­tt“. Vor zwei Jahren sei Innogy erst geschaffen worden. „Jetzt soll es schon wieder zerschlage­n werden. Der Grund erschließt sich mir nicht“, sagte Pehlke, „Und ich mache mir Sorgen um die Standorte und Mitarbeite­r.“

Dortmund hält über DSW21 3,6 Prozent der Anteile. Insgesamt halten die kommunalen Aktionäre gut 20 Prozent und stellen vier Vertreter im RWE-Aufsichtsr­at. Im Saarland zählen die Gemeinden Illingen, Quierschie­d und Tholey sowie der Landkreis Merzig-Wadern zum Kreis der kommunalen RWE-Aktionäre. Gemeinsam mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn könnten sie den Deal blockieren.

Innogy ist zudem Mehrheitsg­esellschaf­ter beim Saarbrücke­r Energiever­sorger VSE. Dort hält das Unternehme­n 50 Prozent plus eine Aktie. Wenn die jetzt bekannt gewordenen Pläne umgesetzt werden, könnte RWE wieder an diese Stelle rücken.

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FOTO: FASSBENDER/DPA Der Konzern Innogy könnte nach etwa zwei Jahren bald schon wieder Geschichte sein.

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