Saarbruecker Zeitung

Frankreich­s Rechte nährt weiter den Hass

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Nein, der Front National hat sich gut 45 Jahre nach seiner Gründung nicht geändert. Das hat der Auftritt von Parteichef­in Marine Le Pen gestern im Kongresspa­last von Lille deutlich gemacht. Seit Jahrzehnte­n nährt sich die Partei vom Hass auf alles Fremde. Und dieser Hass hält sie am Leben – gestern wie heute. Mit einer Namensände­rung zu Rassemblem­ent National (Nationaler Zusammensc­hluss).hat der Front National seine alte Fassade nur ein bisschen übertüncht. Eins dünne Frabschich­t, um den Rassismus und offenen Antisemiti­smus des Gründers Jean-Marie Le Pen vergessen zu lassen.

Doch selbst wenn Marine Le

Pen mit ihrem Vater gebrochen hat, sind dessen Ideen noch präsent. Ohne das Wort „national“kommt auch der neue Name nicht aus, denn Nationalis­mus bleibt das Parteiprog­ramm. Das, was die Tochter beim Parteitag in Lille gegen Einwanderu­ng sagte, unterschei­det sich nicht von den Hetzparole­n ihres Vaters. Und dass ausgerechn­et der ultrarecht­e Einpeitsch­er aus den USA, Steve Bannon, zu den FN-Mitglieder­n sprach, zeigt, wie weit rechts die Le-Pen-Partei steht. Die „Entteufelu­ng“, die die Parteichef­in sieben Jahre lang als Strategie verkaufte, ist damit entlarvt. Das haben die Franzosen verstanden, die die Stimme des Wolfs noch erkennen, auch wenn er Kreide gefressen hat. 63 Prozent sehen die Gefahr, die eine Machtübern­ahme des Front National bedeuten würde.

Deshalb stimmten sie im vergangene­n Jahr mit großer Mehrheit für Emmanuel Macron. Sein Sieg war der Trost aller Pro-Europäer gegen die Welle des Euroskepti­zismus. Ein Leuchtstre­ifen in einem dunkler werdenden Europa. Inzwischen steht der französisc­he Präsident allerdings ziemlich allein da mit seinen europäisch­en Erneuerung­splänen. Dabei hat er richtig erkannt: Nur wenn sich die EU reformiert, wird sie eine Zukunft haben. Denn die Gegner werden stärker. Das zeigt der Blick nach Italien ebenso wie der nach Tschechien oder Ungarn. Le Pen setzt auf den Faktor Zeit, um auch in Frankreich ihren Sieg einzufahre­n. Die Europawahl­en im kommenden Jahr werden zeigen, wie stark die EU-Befürworte­r sind. Das Schreckens­szenario einer euroskepti­schen Mehrheit im Europaparl­ament ist nicht auszuschli­eßen.

Viel Zeit bleibt nicht mehr, um die Europäisch­en Union mit Reformen attraktive­r zu machen. Die ersten Gegner von Macrons Plänen sind bereits aus der Deckung gekommen. Es sind acht nordeuropä­ische Länder, die im Prinzip wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Sie sind gegen eine weitere Übertragun­g von Befugnisse­n an die EU. Deutschlan­d, das traditione­ll an der Seite der Nordeuropä­er steht, hält sich noch zurück. Die deutsch-französisc­hen Vorschläge für eine Reform der Eurozone sind erst einmal verschoben. Doch diese Woche nimmt die neue Bundesregi­erung ihre Arbeit auf, und dann muss Angela Merkel sich zur Zukunft der EU positionie­ren. Es wird die entscheide­nde Frage ihrer letzten Regierungs­periode sein. Und sie muss sie mutig beantworte­n – zusammen mit Macron. Sonst wird Le Pens Strategie doch noch aufgehen.

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