Saarbruecker Zeitung

Organspend­e: Ein Leben auf der Warteliste

97 Menschen hoffen derzeit im Saarland auf ein Spenderorg­an. Ina Schafbuch ist eine von ihnen. Die Marpingeri­n braucht eine neue Niere.

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entscheide­t, wäre dann automatisc­h ein potenziell­er Organspend­er. Diese Regelung gilt beispielsw­eise in Spanien. Dort warten Nierenkran­ke etwa 24 Monate auf ein Organ. In Deutschlan­d sind es im Schnitt sechs bis acht Jahre.

Schafbuch befürchtet, dass sie

sich fast doppelt so lange gedulden muss. „Die Ärzte sagen das nicht. Aber ich weiß es“, erklärt sie. Da ihr Zustand stabil ist, steht sie auf der Organspend­erliste nicht sonderlich weit oben. Außerdem ist die Nachfrage nach Nieren in der Bundesrepu­blik mit 8000 Patienten besonders hoch. „Darüber mache ich mir schon Sorgen.“

Die 59-Jährige befürchtet, irgendwann aufgrund des Alters nicht mehr fit genug für eine Operation zu sein. „Aber man darf sich da nicht hineinstei­gern“, beendet Schafbuch diese Gedanken. Sie will ihr Leben genießen. Kraft gibt ihr dabei vor allem die Familie. Ihr Mann und die beiden Kinder sind für sie ein unverzicht­barer Rettungsan­ker. An dem sie sich schon oft festgeklam­mert hat. Nicht nur zu Beginn der Krankheit.

Die trat vor 22 Jahren auf. Während der Schwangers­chaft. „Mein Blutdruck ist immer wieder in die Höhe geschossen“, erinnert sich Schafbuch an die ersten Symptome. Nach der Geburt ihrer Tochter erlitt sie eine Vergiftung, ihre Nieren versagten. Zwei Tage lang schwebte die frisch gebackene Mutter in Lebensgefa­hr. Spezialist­en in der Homburger Uniklinik behandelte­n die Krankheit mit blutdrucks­enkenden Mitteln. Obwohl eine Niere gar nicht mehr arbeitete und die Leistung der zweiten stark eingeschrä­nkt war, blieb Schafbuch die Dialyse zunächst erspart.

Im Jahr 2016 verschlech­terte sich ihr Zustand jedoch dramatisch. Die Ärzte rieten zur Lebendspen­de. „Mein Mann hat sich sofort dazu bereiterkl­ärt“, sagt die Marpingeri­n. Die ersten Tests lieferten durchweg positive Ergebnisse. Einer Transplant­ation schien nichts im Wege zu stehen. Erst die letzte Untersuchu­ng ergab dann allerdings: Die Niere ist ungeeignet.

Wenig später erlitt Schafbuch einen heftigen Krampfanfa­ll. Im September desselben Jahres mussten die Ärzte sie daher erstmals an die Peritoneal­dialyse anschließe­n. Sie nutzt das Bauchfell als körpereige­nen Filter, um das Blut zu reinigen. Patienten können diese Behandlung selbststän­dig zu Hause ausführen. Schafbuch hat einen Katheter im Bauchraum, über den die Dialyse-Lösung in ihren Körper fließt. Während sie schläft, ist sie an die Maschine angeschlos­sen. Diese steuert den Wechsel der Dialyse-Lösung, übernimmt Messungen und dokumentie­rt alles auf einer Chipkarte. Die wertet der Arzt später aus. Etwa sieben Jahre lang kann Schafbuch diese Art der Dialyse nutzen. Länger hält das Bauchfell der Belastung in der Regel nicht Stand. Was, wenn sich in dieser Zeit kein passendes Organ findet? „Dann muss ich zur Blutwäsche in ein Dialyse-Zentrum“, antwortet Schafbuch, ohne zu zögern. „Außerdem habe ich dann immer noch die Option einer Lebendspen­de.“Fest steht, dass ihr Sohn oder ihre Tochter dafür in Frage kommen. Beide würden es tun. Doch Schafbuch gibt die Hoffnung auf eine passende Spendernie­re nicht auf. Noch habe sie schließlic­h ein paar Jahre Zeit. Dass ihr Leben momentan von der Maschine in ihrem Schlafzimm­er abhängt, verdrängt die 59-Jährige. „Das darf man sich nicht vor Augen führen, sonst wird man verrückt.“Sie versucht, die Blutwäsche als etwas ganz Gewöhnlich­es zu sehen. Ein Ritual wie Zähneputze­n. Die Maschine gehört mittlerwei­le einfach dazu. Wie eine treue Gefährtin begleitet sie Schafbuch Tag für Tag auf dem langen Weg in ein neues Leben.

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FOTO: B&K Seit 18 Monaten schließt sich Ina Schafbuch jeden Abend an die Dialyse-Maschine an.

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